Kreis Holzminden (r). Seit über anderthalb Monaten tobt der russische Angriffskrieg in der Ukraine, jeden Tag kommen neue Flüchtlinge nach Deutschland und auch in den Landkreis Holzminden. Egal wie lange die Ankommenden bleiben, sie müssen möglichst schnell Deutsch lernen, damit sie hier im Alltag oder am Arbeitsplatz zurechtkommen. Knapp 200 Menschen in insgesamt 12 über den ganzen Landkreis verteilten Kursen hat die Kreisvolkshochschule in den letzten Wochen ins Leben gerufen, um dafür Hilfestellung zu geben. Finanziert werden die Kurse weitgehend über Spenden.
Bereits vier Tage nach Ausbruch des Krieges, hatte die Kreisvolkshochschule eine Info-Veranstaltung in der Stadtoldendorfer Homburg - Oberschule durchgeführt. Bei dem Treffen konnten die ersten 24 Kursteilnehmer vom Dozententeam der KVHS Holzminden und einer Dolmetscherin begrüßt werden. Zwei Tage später begannen die ersten zwei Kurse. „Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass wir Geflüchtete aus der Ukraine bei uns willkommen heißen und ihnen Unterstützung bieten“, unterstreicht Krystyna Tessmann, die die damalige Veranstaltung und auch alle weiteren Kurse bei der KVHS organisiert hat. Tessmann war über 30 Jahre lang in der Kreisvolkshochschule für Integrations- und Deutschkurse zuständig, bis sie vor anderthalb Jahren in den Ruhestand ging. Als Putins Krieg gegen die Ukraine begann, kam sie zurück, sich um die Flüchtenden zu kümmern.
Wie sie meldeten sich auch noch einige andere ehemalige Dozenten, denn die Holzmindener Kreisvolkshochschule ist seit Jahrzehnten eine erfahrene Anbieterin von Sprach- und Integrationskursen, die nicht zuletzt auch zwischen 2015 und 2019 Geflüchteten sowohl fachlich als auch institutionell zur Seite stand. „Auf die Erfahrungen, die wir damals gesammelt haben, können wir jetzt wieder hervorragend zurückgreifen, zumal sich auch bereits verabschiedete Dozent*nnen sofort wieder gemeldet haben,“ erklärt die Leiterin der Kreisvolkshochschule, Heike Stratmann-Berthold, dazu. ### Ein wesentliches Problem jedoch ist bisher noch die Finanzierung. Denn während vor sieben Jahren das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge solche Kurse finanziert hat, ist die Frage, woher das Geld jetzt kommt, immer noch ungeklärt. Erst ab Ende Mai beginnen voraussichtlich auch wieder reguläre Integrationskurse, für die ein Antrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gestellt werden kann.
Für die Kreisvolkshochschule war das jedoch kein Grund, nicht tätig zu werden. Es wurden Banken, Kommunen und auch private Unternehmen angesprochen, um Unterrichtsmaterial zu kaufen und die Kurse in den Schulen des Landkreises kurzfristig auf die Beine zu stellen. Die Spendenbereitschaft war groß, sowohl vonseiten der Samtgemeinden wie Boffzen und Bodenwerder-Polle als auch aus dem Flecken Delligsen oder der Stadt Holzminden. Die Sparkasse Hameln-Weserbergland und auch die Volksbank Südniedersachsen und die in Stadtoldendorf mit einer Filiale vertretene Volksbank Seesen haben sich für die Sache finanziell engagiert. „Ich bin überwältigt von der schnellen und unbürokratischen Hilfsbereitschaft“, erklärt Krystyna Tessmann. Selbst die Geschäftsleitung der Firma Heller Leder habe spontan etwas für die Bücher dazu gegeben, freut sie sich. Das habe eine schnelle Kursvorbereitung sehr erleichtert.
Damit die „erwachsenen Schüler*innen“ nicht sprachlos bleiben, ist die KVHS aber auch weiter auf der Suche nach Sponsoren. „Wir sind über jede weitere Unterstützung glücklich“, resümiert Heike Stratmann-Berthold. Die Lernenden seien unglaublich motiviert, sich in der neuen Sprache zurechtzufinden. "Ich kann nur feststellen, dass die Leute alle sehr aufmerksam und interessiert sind, die Sprache zu lernen", betont sie.
Fotos: KVHS/Krystyna Tessmann