Unter Tagesordnungspunkt 21 der kommenden Sitzung des Kreistages am 20.12.2021 findet man einen „Antrag der SPD/FDP/Grüne-Gruppe: Zukünftige Schulpolitik im Kreis Holzminden“. Und was man hier so alles findet! Selbst Halb- und Unwahrheiten müssen herhalten, um den Beschlussvorschlag zu begründen.
So lautet es zum Beispiel in diesem Antrag auf Seite 2 zur Begründung: „Eine IGS am Standort Stadtoldendorf wurde von einer Mehrheit auch aus Stadtoldendorf selbst in der Elternbefragung abgelehnt.“ Wo bitte kann ich das als interessierter Bürger nachlesen? In der veröffentlichten Auswertung der Elternbefragung ist das Gegenteil der Fall. Aus der Samtgemeinde Eschershausen-Stadtoldendorf gab es 186 Rückläufer. Davon sprachen sich 120 für die Errichtung einer IGS am Standort Stadtoldendorf aus und nur 64 dagegen. Damit ist die Samtgemeinde Eschershausen-Stadtoldendorf der einzige der sechs Bezirke, in dem sich die Mehrheit der abgegebenen Elternstimmen für eine IGS ausspricht.
Im nächsten Satz behauptet die Ampelgruppe: „Auch eine klare Mehrheit des Lehrerkollegiums an der OBS Stadt Oldendorf sprach sich gegen eine IGS in Stadtoldendorf aus.“ Diese Aussage greift viel zu kurz, denn 60 % der Lehrkräfte sprechen sich in der veröffentlichten Stellungnahme generell gegen die Schulform IGS aus. Damit vermutlich auch gegen eine IGS in Eschershausen. 95 % der befragten Lehrer der OBS Stadtoldendorf sind der Meinung, dass die IGS nicht die beste Schulform für die Schülerschaft ist. „Egal wo“, mag man hinzufügen.
Etwas später liest man in der Begründung: „Viele Stellungnahmen sprachen sich aber grundsätzlich für eine IGS aber nicht an diesem Standort aus.“ Das ist, zumindest wenn man die im Ratsinformationssystem vorhandenen Stellungnahmen auswertet, einfach falsch. Von den dort zu findenden 15 abgegebenen Stellungnahmen beziehen zwei keine Position. Zehn sprechen sich grundsätzlich für eine IGS aus. In vier der Stellungnahmen liest man in der Tat Bedenken gegen den Standort Stadtoldendorf, allerdings weit weniger spektakulär, als dies die Begründung vermuten lässt. 1. Die Eltern der Grundschule Eschershausen wünschen sich mehr Mitspracherecht in der Standortfrage. 2. Die Eltern der Haupt- und Realschule Eschershausen halten den Standort Stadtoldendorf lediglich für „nicht ideal“. 3. Die Eltern der Astrid-Lindgren-Grundschule in Holzminden hätten eine IGS lieber in Holzminden und nicht so weit entfernt wie in Stadtoldendorf. (Anmerkung des Verfassers: Noch weiter entfernt wäre Eschershausen.) 4. Und die Lehrer der OBS Holzminden wünschten sich eine IGS ebenfalls am Standort Holzminden.
Im Gegensatz zu diesen vier Stellungnahmen sprechen sich allerdings fünf für den Standort Stadtoldendorf aus. Habe ich jetzt in Mathe nicht aufgepasst, oder warum komme ich zu dem Ergebnis, dass sich in den abgegebenen Stellungnahmen mehr Teilnehmer für den Standort Stadtoldendorf aussprechen statt dagegen?
Die in diesem Antrag ins Spiel gebrachte „integrative mindestens vierzügige Nordschule“ soll „zunächst als vierzügige OBS am Standort Eschershausen so errichtet werden, dass sie jederzeit auch in eine IGS umgewandelt werden kann.“
Frage: Wie soll diese Umwandlung stattfinden? Per Zauberstab? Per Knopfdruck? Oder gar wieder per Elternbefragung? Welche Lehrkräfte sollen dort arbeiten? Auch jene, die eine IGS als Schulform generell ablehnen, wenn doch gerade diese Damoklesschwert über dieser provisorischen „Ampelschule“ schwebt?
Wortlaut der Beschlussvorlage: „In der Bildungspolitik brauchen wir endlich Investitionen in gute Bildungsinfrastruktur im Kreis Holzminden, um die Abwanderung in andere Landkreise zu reduzieren.“ Wie bitteschön möchte die „Ampel“ das mit einer „mindestens vierzügigen“ OBS in Eschershausen erreichen? Selbst jetzt, wo in der Samtgemeinde Eschershausen-Stadtoldendorf drei Schulformen (Haupt-, Real- und Oberschule) an zwei Standorten zur Verfügung stehen, verlässt die Hälfte aller Schüler_innen die Samtgemeinde Eschershausen-Stadtoldendorf?
Geradezu abstrus wird es, wenn man liest, wie SPD, FDP und Grüne den Standort Stadtoldendorf „fit für die Zukunft“ machen wollen, nachdem sie ihm die weiterführende Schule genommen haben: Förderung und Unterstützung bei der Wohnbebauung (dort werden sicher schlagartig viele Menschen hinziehen, nachdem man die OBS erst einmal geschlossen hat) und durch Wirtschaftsförderung. Alles klar!
Mich beschleicht das ungute Gefühl, dass die anstehenden „Verkehrsregelungen“ auf dem Weg zu einer zukunftsfähigen Schullandschaft, die Möglichkeiten unserer hiesigen „Ampel“ weit übersteigen. So fährt der Landkreis vor die Wand.
Frank Litterscheid
37619 Hehlen
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