Stadtoldendorf (rus). Trinkwasser kommt aus dem Wasserhahn und wenn man die Heizung aufdreht, wird es warm. Eigentlich für uns zwei völlig banale Dinge, über die man sich wohl selten Gedanken macht und eigentlich auch gar nicht braucht. Für die Stadtwerke in Stadtoldendorf sind diese beiden Bereiche allerdings elementarer Bestandteil ihres Aufgabenbereiches. Neben Strom erst seit einigen Jahren vertreiben die Stadtwerke seit jeher Gas und Trinkwasser, sind damit ein enorm wichtiger Faktor in der Grundversorgung von über 11.000 Menschen in der Region. In diesem Jahr konnten die Stadtwerke ihr 120-jähriges Jubiläum feiern, was sie auch gemeinsam mit den Bürgern gemacht haben. Ein Rückblick auf 12 Jahrzehnte wertvolle Arbeit.
Gründung 1903 noch vor dem ersten Weltkrieg
Erfolg besteht darin, so formulierte es einst Henry Ford, dass man genau die Fähigkeiten besitzt und einsetzt, die jeweils aktuell gefragt sind. „Diese Fähigkeit und Flexibilität haben die Stadtwerke immer bewiesen“, so stellte es der Stadtdirektor und Samtgemeindebürgermeister Wolfgang Anders anlässlich der Jubiläumsfeierlichkeiten Ende August dieses Jahres fest. Stadtoldendorf gehörte damals politisch zum braunschweigischen Herzogtum, das vom Prinz-Regenten Albrecht von Preußen regiert wurde. Im Herzogtum bestand die Magistratsverordnung, daher gab es in Stadtoldendorf noch keinen Stadtrat, sondern eine Stadtverordnetenversammlung. Ferner gab es einen Magistrat, der aus dem Bürgermeister sowie haupt- und ehrenamtlichen Stadträten bestand und damit die Spitze der Verwaltung bildete. Bürgermeister war seinerzeit Wilhelm Klügel, der damals 25 Jahre lang die Geschicke der Stadt leitete. Ihm standen so bedeutende Persönlichkeiten zur Seite wie beispielsweise Oscar Wolff und Otto Mittendorff sowie Max Levy, der kurze Zeit zuvor das Krankenhaus Charlottenstift der Stadt geschenkt hatte.
Stadtoldendorf befand sich damals in einem kaum vorstellbaren wirtschaftlichen Aufschwung.
Vielerorts herrschte Aufbruchsstimmung im positivsten Sinne in der Stadt. Die Gipsfabriken, die Weberei, die Sandsteinbetriebe, die Eisenbahn und diverse kleinere Gewerbe-, Handwerks- und Einzelhandelsunternehmen wuchsen und schufen, wie das gerade der Stadt übergebene neue Krankenhaus, hunderte von neuen Arbeitsplätzen. Auch die Einwohnerschaft der Stadt wuchs, und zwar innerhalb von nur fünf Jahrzehnten von knapp 1.700 im Jahre 1855 auf etwa 3.600 im Jahr 1903.
Ebenfalls im Jahr 1903 wurden auch die Stadtwerke Stadtoldendorf gegründet. Das für die hiesigen Verhältnisse enorme Wachstum der Bevölkerung, aber auch die positive Entwicklung im gewerblichen bzw. industriellen Bereich, steigerte den Bedarf in der Wasser- und Gasversorgung erheblich. Der Wellbrunnen sowie die Holzberg- und die Eisenbahnquellen, bis dato Quellen für das hier genutzte Trinkwasser, lieferten nicht mehr ausreichend Wasser, um alle versorgen zu können. Über mehrere Jahre wurden Über-legungen angestellt, bis schließlich im April 1903 das zuständige Ministerium in Braunschweig die Genehmigung erteilte, Wasser über eine Leitung von einer Quelle in Schor-born nach Stadtoldendorf führen zu dürfen. Beinahe zeitgleich diskutierte die Stadtverordnetenversammlung bereits über den Bau eines Gaswerks, das kurz darauf neben dem heutigen Geschäftsgebäude im Holeburgweg errichtet wurde. Der Be-schluss dazu erging vor fast 120 Jahren, am 23.07.1903.
Die Stadtwerke stellten sich seither den jeweiligen Herausforderungen der Zeit, so in den schweren Jahren der beiden Weltkriege und der Nachkriegsjahre, als die Stadt 1949 etwa durch die vielen Vertriebenen aus Schlesien, Pommern und Ostpreußen sowie von Menschen aus den Großstädten plötzlich fast 9.000 Einwohner hatte, die alle mit Wasser und Gas versorgt werden mussten. Ferner erforderte es große Kraftanstrengungen und enorme Investitionen, als die umliegenden Gemeinden angeschlossen und neue Baugebiete erschlossen werden mussten. 1972 wurde daher ein Großbehälter auf dem Kellberg errichtet und ist seit dem das wichtigste Trinkwasserreservoir der Stadtwerke. Auch die Errichtung der Entarsenungsanlage auf dem Kellberg war nicht nur damals eine äußerst innovative und wichtige Entscheidung. Aufgrund niedrigerer Grenzwerte musste man reagieren und baute 1997 auf dem Kellberg in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Berlin eine Anlage, die das giftige Arsen aus dem in der Region gewonnenen Quellwasser filterte. Die Anlage ist noch heute in Betrieb und versorgt Stadtoldendorf und das Umland mit sauberem Trinkwasser.
1973 wurden die Stadtwerke Stadtoldendorf vom Eigenbetrieb in einer GmbH umgewandelt, 1990 trat die damalige Samtgemeinde Stadtoldendorf im Zuge der Erweiterung der Wasserversorgung in die Gesellschaft ein und brachte auch die eigenen Wasserversorgungsleitungen mit ein. Im Laufe der Zeit wurde auch der kaufmännische Bereich zunehmend globaler, sodass man 1999 die Wesertal GmbH mit der Übernahme der kaufmännischen Dienstleistungen betraute. Dieses Konstrukt hält bis heute – heute ist es Westfalen Weser, mit denen die Stadtwerke Stadtoldendorf eng zusammenarbeiten. 2015 wurde schließlich eine lange gehegte Planung umgesetzt. Mit dem Neubau eines Verwaltungsgebäudes auf dem seit der Gründung vorhandenen Betriebsgeländes im Holeburgweg zog auch die Verwaltung der Stadtwerke wieder dahin zurück, wo 1903 alles begann. „Die Stadtwerke waren und sind ein kompetenter und zuverlässiger Partner für die Stadt, die Region und deren Bevölkerung, Einrichtungen und Betriebe“, so Anders weiter. Entsprechend sei es auch richtungsweisend gewesen, dass sich die Stadtwerke 2018 dazu entschlossen haben, zusätzlich Strom anzubieten.
Heute nun, nach eher holperigen Jahren von Pandemie- und Kriegsauswirkungen geprägt, stehen die neuesten Überlegungen zur Entscheidung an, vor allem, um die aus der Energiewende resultierenden Projekte anzugehen, was eine weitere große Herausforderung sein wird. „Sicherlich zählen die Stadtwerke Stadtoldendorf nicht zu den großen Stadtwerken, aber jene 120 Jahre, in denen die Stadtwerke Stadtoldendorf aktiv für die Versorgung unserer Bevölkerung tätig sind, sind für mich eine 120-jährige Erfolgsgeschichte“, so Wolfgang Anders weiter. „Die Stadtväter haben 1903 eine kluge und richtungsweisende Entscheidung getroffen, von der noch heute viele profitieren und die wir unbedingt fortführen sollten.“ Die Stadtwerke waren und sind ein wichtiger Bestandteil unseres Gemeinwesens der Stadt Stadtoldendorf und der umliegenden Gemeinden, sie tragen zum Wohlstand und zur Lebensqualität unserer Einwohnerschaft bei.
Für Sie vor Ort: Persönlicher Ansprechpartner vor Ort hat heutzutage Seltenheitswert
In Zeiten von grenzenlosen Onlinegeschäften und gesichtslosen Großkonzernen stehen die Stadtwerke Stadtoldendorf nach wie vor für einen individuellen, persönlichen und kompetenten Service vor Ort. Ein Ansprechpartner kümmert sich um die Belange der Bürger, steht bei Fragen zur Seite, gibt Informationen zu Tarifen, Anschlüssen und mehr. Die Aufgaben der Stadtwerke werden sicherlich auch in Zukunft sehr anspruchsvoll sein. „Mein Wunsch ist es daher, dass die künftige Entwicklung unserer Stadtwerke zum Wohle der Bevölkerung weiterhin so erfolgreich verlaufen möge und anstehende Aufgaben gelöst werden können, wie dies in den zurückliegenden 12 Jahrzehnten der Fall war“, so Anders abschließend.
Stadtwerke feiern mit der Bürgerschaft
Neben einem kleinen Festakt für geladene Gäste auf dem Stadtwerkegelände selbst wurde Ende August auch die Premiere der „Sommerklänge im Park“ gefeiert. Es soll eine Veranstaltungsreihe sein, die sich nun jährlich etablieren soll. Aus Anlass des 120-jährigen Bestehens hatten die Stadtwerke Stadtoldendorf die Eventreihe ins Leben gerufen und wollten sich damit auch bei den Bürgerinnen und Bürgern für das Vertrauen und die Unterstützung bedanken.
Fotos: rus, Archiv, Stadtwerke