Kreis Holzminden (red). Immer mehr unsichere Jobs: Rund 10.400 Menschen im Kreis Holzminden arbeiten in Teilzeit, Leiharbeit oder haben einen Minijob als alleiniges Einkommen, stellt die IG BAU fest. Damit sei der Anteil der so genannten atypischen Beschäftigung an allen Arbeitsverhältnissen im vergangenen Jahr auf einen Rekordwert von 41 Prozent gestiegen. Die Gewerkschaft beruft sich hierbei auf eine aktuelle Studie der Hans-Böckler-Stiftung, die die Entwicklung am Arbeitsmarkt im Kreis Holzminden seit dem Jahr 2003 untersucht hat. Damals lag die Quote atypischer Jobs noch bei 31 Prozent.

IG BAU-Bezirkschef Torsten Witt spricht von einem „Alarmsignal an die Politik“: „Es kann nicht sein, dass wir einerseits einen wirtschaftlichen Aufschwung erleben, aber andererseits so viele Menschen in prekären Verhältnissen arbeiten“, sagt Witt. Hier sei „grundsätzlich etwas in Schieflage geraten“. Der unbefristete Vollzeit-Job müsse dringend wieder zum Normalfall werden, fordert die IG BAU Niedersachsen-Süd.

Nach Angaben der Böckler-Stiftung hat im Landkreis Holzminden besonders die Teilzeit-Beschäftigung drastisch zugenommen: Arbeiteten 2003 noch etwa 3.700 Erwerbstätige in Teilzeit, waren es 2016 bereits rund 5.900 – ein Anstieg von 58 Prozent. „Gerade für Frauen ist es nach einer Familienpause enorm schwer, wieder voll in den Beruf einzusteigen. Gegen die Teilzeit-Falle brauchen wir endlich ein verbrieftes Rückkehrrecht in Vollzeit“, ist Torsten Witt überzeugt. Ein entsprechender Gesetzentwurf der großen Koalition war in diesem Frühjahr am Widerstand der Union gescheitert.

Auch bei Minijobs gibt es der Studie zufolge keine Entwarnung: Rund 4.300 Menschen im Kreis Holzminden waren 2016 ausschließlich geringfügig beschäftigt (2003: 4.100). In der Gebäudereinigung machten Minijobs mittlerweile die Hälfte aller Arbeitsplätze aus, berichtet Gewerkschafter Witt. Auch hier seien es insbesondere Frauen, die nach einem Jobverlust oder einer Trennung oft schnell in Hartz IV abrutschten.

Mit Blick auf die Bundestagswahl im September fordert die IG BAU Niedersachsen-Süd von den Parteien klare Konzepte „gegen die Unwucht am Arbeitsmarkt“. Dazu müsse die Abschaffung der Befristungen ohne sachlichen Grund genauso gehören wie die Einbeziehung von Minijobs in die Sozialversicherung. „Dabei sind auch die Arbeitgeber in der Pflicht. Statt aufs Billig-Prinzip sollten Chefs auf Kontinuität setzen“, betont Witt. Wer heute vollwertige Stellen schaffe, brauche sich morgen nicht um fehlende Fachkräfte sorgen.