Holzminden (sst). Es war, als würde der Himmel trauern, während graue Wolken große Regentropfen auf das Ehrenmal zum Gedenken an die Kriegsverstorbenen weinten. Die Tränen des Himmels prasselten lautstark auf die Regenschirme der Trauernden und Gedenkenden, sodass jegliches vergangenes Leid präsent zu sein schien.
Diese melancholische Atmosphäre ließ die Holzmindener Gemeinde am heutigen Volkstrauertag am Ehrenmal in der Fürstenbergerstraße um 11 Uhr innehalten. Bürgermeister Christian Belke, der den Regen nicht mit einem Schirm abzuwehren versuchte, begrüßte die Anwesenden: „Es ist mir eine Ehre, Sie heute am Ehrenmal empfangen zu dürfen, um gemeinsam derjenigen zu gedenken, die Opfer von Krieg und Gewalt geworden sind. Denn auch in Holzminden gibt es Kriegsgräber, die als stille Zeugen der Vergangenheit dienen. Im Gegenzug müssen wir jedoch auch für unsere Ideale wie Demokratie und Freiheit einstehen.“
Frieden sei keine Selbstverständlichkeit oder ein Geschenk, sondern jeder Einzelne müsse lernen, Verantwortung im Kleinen wie im Großen zu übernehmen – nicht nur in Holzminden, in Deutschland oder in Europa, sondern weltweit, pflichtete die Ratsvorsitzende Maren Urban dem Bürgermeister in ihrer Gedenkrede bei. Umso wichtiger sei deswegen der Blick in die Zukunft, um aus der Vergangenheit Lehren zu ziehen und derartige Gewalt nicht zu wiederholen.
Diese Perspektive vertritt auch Christian Belke, indem er die Bedeutung junger Menschen betonte, die Weltoffenheit gegenüber anderen Kulturen zeigen müssen, um Brücken zu bauen und den Wert des Friedens zu wahren. Auch Ratsfrau Janett Brand schloss ihre Rede zum Totengedenken mit eben dieser Hoffnung auf Versöhnung ab.
Doch wie sicher sind diese Versöhnungsgedanken und die demokratischen Ideale in der gegenwärtigen Welt? Christian Belke sieht sie als stark bedroht, etwa durch den Ukrainekrieg, die Unsicherheit hinsichtlich der Stabilität des NATO-Bündnisses oder den „Operationsplan Deutschland“, der die Aufrüstung der Bundeswehr beinhaltet.
In Zeiten solcher Ungewissheit ist der Zuspruch von Superintendentin Christiane Nadjé-Wirth umso bedeutender. Sie segnete alle, die versuchen, Frieden zu schaffen, und leitete zum Abschluss das Vaterunser ein, das alle Anwesenden gemeinsam beteten. Es folgte eine stille Kranzniederlegung durch das Panzerpionierbataillon 1 aus der Pionierkaserne, die Arbeitsgemeinschaft der Holzmindener Schützen, die Reservistenkameradschaft Holzminden, die Stadt Holzminden sowie den Ortsverband des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V.
In diesem Moment schienen die beiden Soldaten, die sich neben dem Ehrenmal positioniert hatten, den verstorbenen Opfern besonderen Schutz zu gewähren. Dies wurde ebenso vom Blechbläserensemble der Musikschule Holzminden unter der Leitung von Burkhard Kluge untermalt, das unter anderem die deutsche Nationalhymne spielte. Während der gesamten Gedenkveranstaltung stand das Panzerpionierbataillon 1 still, aufrecht und mit einem aufrichtigen Blick nach vorne gerichtet – ein Symbol für die Ernsthaftigkeit und hohe Bedeutung des Volkstrauertages.
Auch das Erscheinen von Landrat Michael Schünemann, dem Jugendrat Holzminden, repräsentiert von Susan Steingräber, sowie zahlreicher Privatpersonen unterstrich diese Bedeutsamkeit.
Fotos: sst