Hannover/Hessisch Oldendorf/Stadtoldendorf (red). Im Rahmen des NABU-Projektes LIFE BOVAR wird die Geburtshelferkröte im NABU-Steinbruch Stadtoldendorf wieder angesiedelt, nachdem dort die Lebensraumbedingungen für diese bundesweit stark gefährdete Art optimiert worden sind. Diesmal übernahm der niedersächsische Umweltminister Christian Meyer die Aufgabe, die etwa 50 in menschlicher Obhut aufgezogenen einjährigen Geburtshelferkröten in die Freiheit zu entlassen.
Das Projekt zum Erhalt der Geburtshelferkröte im Landkreis Holzminden ist von besonderer Bedeutung, weil die südwesteuropäische Art hier ihre nordöstliche Verbreitungsgrenze erreicht. Zahlreiche Vorkommen des „Glockenfrosches“, dessen Rufe an ein Glockengeläut erinnern, sind bereits erloschen oder stehen kurz davor. Der Lebensraumverlust durch den Landnutzungswandel wird als ein Hauptfaktor angesehen, der für den dramatischen Rückgang verantwortlich ist.
Dr. Holger Buschmann, Landesvorsitzender des NABU Niedersachsen erklärt: „Mit LIFE BOVAR wird die Vernetzung und das Management von vier seltenen Amphibienarten dynamischer Lebensräume umgesetzt. Die Geburtshelferkröte hat in den letzten Jahrzehnten den größten Teil ihres ursprünglichen Verbreitungsgebiets in Niedersachsen eingebüßt. Im Rahmen des Projektes engagieren sich bereits seit über sechs Jahren Projekt- und Kooperationspartner gemeinsam für den Schutz von Gelbbauchunke, Geburtshelferkröte, Kreuzkröte und Kammmolch, mit dem Ziel, deren Lebensräume zu verbessern und weiterzuentwickeln. Das Projekt leistet damit einen wesentlichen Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt.“
Christian Meyer, niedersächsischer Umweltminister, erläutert: „Durch die Lebensraumverluste und die Klimakrise beschleunigt sich das Artensterben gerade für heimische Amphibien bedrohlich. Umso wichtiger ist das in Kooperation mit dem NABU Niedersachsen durchgeführte EU-LIFE-Projekt BOVAR, das das Umweltministerium mit 822.000 Euro kofinanziert. Gerade für Amphibienvorkommen wie die Geburtshelferkröte hat Niedersachsen eine hohe Verantwortung. Deren Anzahl ist durch den Verlust von Lebensräumen wie Kleingewässern, Bruchsteinmauern, fehlendem Biotopverbund und der Intensivierung von Landwirtschaft stark zurückgegangen. Solche Projekte, die geeignete Lebensräume zur Rettung und Wiederansiedlung der Geburtshelferkröte wieder herstellen, sind daher dringend notwendig. Niedersachsen verstärkt damit den Natur- und Artenschutz deutlich. Mein besonderer Dank gilt dem NABU, der mit diesem LIFE-Projekt ganz maßgeblich dazu beiträgt, dass sich der Erhaltungszustand der Geburtshelferkröte und anderer gefährdeter Amphibienarten auch hier im Landkreis Holzminden wieder verbessert.“
An der NABU-Erhaltungszuchtstation in Hessisch Oldendorf wurde die Nachzucht der Geburtshelferkröte etabliert, deren Besonderheit es ist, dass die Männchen echte Brutfürsorge betreiben. „Die Auswilderung letztjähriger, in menschlicher Obhut aufgezogener Tiere hat sich im Rahmen des Projektes bei Wiederansiedlungen als erfolgreich erwiesen, da die größeren Geburtshelferkröten eine deutlich höhere Überlebenswahrscheinlichkeit im Freiland haben“, berichtet Dr. Mirjam Nadjafzadeh, Leiterin des NABU-Projektes LIFE BOVAR. „Wir haben Ende 2018 und Anfang 2024 umfangreiche praktische Artenschutzmaßnahmen zur Wiederherstellung günstiger Lebensraumbedingungen durchgeführt, damit sich eine langfristig überlebensfähige Population etablieren kann. In ähnlichen lebensraumoptimierten Wiederansiedlungsgebieten haben wir direkt im Folgejahr nach der Freilassung von einjährigen Geburtshelferkröten rufende Männchen und nach einem weiteren Jahr eigenständige Reproduktion festgestellt.“
Projekthintergrund
Der NABU Niedersachsen widmet sich – gemeinsam mit seinen Projekt- und Kooperationspartnern – in dem Projekt LIFE BOVAR dem Management der Gelbbauchunke und anderer gefährdeter Amphibienarten sowie der gezielten Entwicklung dynamischer Lebensräume für den Artenschutz. Wichtigste Ziele des Projektes sind die Umsetzung von praktischen Artenschutzmaßnahmen für gefährdete Amphibienarten, die Wiederherstellung und Optimierung günstiger Lebensraumbedingungen und die Stärkung des Biotopverbundes durch Trittsteine und teilweise Wiederansiedlung, um isolierte Populationen miteinander zu vernetzen. Dabei sollen die Zielarten Gelbbauchunke, Geburtshelferkröte, Kreuzkröte und Kammmolch profitieren. Außerdem soll ein Beitrag zur Wiederherstellung des ursprünglichen Verbreitungsgebietes der Arten geleistet werden. Zusammen mit den Projektpartnern aus den Niederlanden Staatsbosbeheer und Stichting het Limburgs Landschap, dem Schulbiologiezentrum Hildesheim, der Arbeitsgemeinschaft Biologischer Umweltschutz aus Soest, der NABU-Naturschutzstation Aachen, den Ländern Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen werden über einen Zeitraum von acht Jahren Projektaktionen und Artenschutzmaßnahmen durchgeführt, die einen Beitrag zur biologischen Vielfalt leisten sollen. Wie für LIFE-Projekte üblich werden dabei Instrumente für die langfristige Sicherung und Pflege der Lebensräume entwickelt werden. Um das Bewusstsein für die biologische Vielfalt zu stärken, wird auch umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit und Umweltbildung durchgeführt.
EU-Kommission, Projektpartner, Projektförderer und Unterstützer haben das Projekt mit einem Gesamtvolumen von gut 4,6 Mio. Euro ermöglicht.
Projektförderer
Das LIFE-Projekt „Management der Gelbbauchunke und anderer Amphibienarten, dynamischer Lebensräume“ – kurz: „LIFE BOVAR“ – ist ein Förderprojekt der Europäischen Union (EU) und wird hier mit Mitteln aus dem EU-Umweltprogramm – Schwerpunkt Natur und Biodiversität – gefördert. Ferner unterstützen das Land Niedersachsen mit Mitteln des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz (MU), das Land Nordrhein-Westfalen mit Mitteln des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen (MUNV), die Niedersächsische Bingo-Umweltstiftung, die Niedersächsischen Landesforsten, der Kreis Minden-Lübbecke, die Landkreise Goslar, Hameln-Pyrmont, Hildesheim, Holzminden, Schaumburg, die Region Hannover, die Städte Hannover und Hildesheim, der NABU Landesverband Nordrhein-Westfalen, der NABU Kreisverband Minden-Lübbecke und die Firma Saint-Gobain Formula GmbH das Projekt.
Informationen zum Projekt im Internet unter:
www.NABU-niedersachsen.de/bovar
Foto: NABU/Mareike Sonnenschein