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Dienstag, 22. Oktober 2024 Mediadaten Fankurve
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Stadtoldendorf (ant). Am 22. August jährte sich der Todestag von Gertrud Bloch zum 82. Mal. 1942 wurde die gebürtige Stadtoldendorferin in der Heilanstalt Pfafferode von den Nationalsozialisten ermordet. Zum Gedenken an Bloch und ihr Schicksal während der Zeit des Nationalsozialismus wurde der 33. Stolperstein vor ihrem einstigen Wohnhaus in der Neuen Straße 12 in Stadtoldendorf verlegt. Der Stolperstein dient dem Gedenken an jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger, die einst in Stadtoldendorf gelebt haben. Vertreter von Stadt und Rat sowie achtzehn Verwandte aus der ganzen Welt sind an diesem Tag erschienen, um Bloch zu gedenken.

Durch gute Freunde kam die Großnichte von Gertrud Bloch, Susanna, die in Amerika lebt, auf die Idee, das Leben ihrer Großtante Gertrud Bloch zu recherchieren. Sie wandte sich mit ihrem Anliegen an den Münsteraner Verein „Spuren Finden“ (gezeichnet, verfolgt, vergessen), der Susanna behutsam während ihrer Recherche begleitete. Ihr Vater Christian, der Neffe von Bloch, hatte im heimischen Keller noch eine Kiste mit alten Fotos und eine Todesanzeige seiner Tante aufbewahrt, die sich bei der Spurensuche als hilfreich erwiesen: Mithilfe der Todesanzeige fand Susanna heraus, dass ihre Großtante in der Tötungsanstalt Pfafferode gestorben ist – die Anstalt ist heutzutage ein Klinikum. „Ich habe dort angerufen und gefragt, ob die Akte dort lagert“, erklärte Susanna. Daraufhin erhielt sie den Hinweis, dass die Akte ihrer Großtante seit Jahrzehnten in Gotha liegt. „Mosaiksteine zu ihrer Person wurden uns von der Familie mitgegeben. Mit der Akte konnte genau belegt werden, was passiert ist“, betonte Susanna. Im Herbst vergangenen Jahres wandte sich Susanna an die Stadt Stadtoldendorf mit der Bitte, einen Stolperstein für ihre Großtante verlegen zu dürfen. Christian, der Neffe von Bloch, war sichtlich ergriffen und berichtete von Erzählungen aus der Familie, dass Bloch eine strahlende, besondere junge Frau gewesen sei: Bloch sei eine schöne Frau mit kastanienroten Haaren und vielfältigen musischen Neigungen gewesen und habe gerne Gedichte geschrieben. „Dudu“ – wie Gertrud Bloch liebevoll von ihrer Familie genannt wurde – wurde am 11. Mai 1905 in Stadtoldendorf geboren, als zweitälteste von vier Schwestern. Im Jahr 1928 wurde die damals 23-Jährige in einem Zug aufgegriffen und daraufhin von einem „Nervenarzt“ nach Leubus in die Heilanstalt eingewiesen. Anschließend wurde sie 1930 nach Plagwitz in eine Heil- und Pflegeanstalt verlegt. Am 3. Juli 1941 wurde sie von der T4-Aktion erfasst und nach Arnsdorf in Sachsen in eine „Sammelstation“ und später von dort in die „Tötungsanstalt“ Pfafferode verlegt. Bloch starb offiziell am 22. August 1942 in Mühlhausen – sie verhungerte.

Mehr als 18 Angehörige von Gertrud Bloch aus München, New York, Köln, Hamburg, Düsseldorf, Genf und Wetzlar sind erschienen, um an Bloch zu gedenken. „Unsere Familie hat noch immer Kontakt – das Internet macht es möglich“, betonte Susanna. Die Menschen, die Gertrud Bloch einst kannten, leben nicht mehr – umso wichtiger sei es, Gertruds Namen zu benennen, auszusprechen und ihre Stimme durchklingen zu lassen, weiß ihre Großnichte Susanna. Besonders bedanken möchte sich Susanna bei Jens Meier für sein Engagement. Der Stadtoldendorfer hat sich die Aufarbeitung der jüdischen Geschichte von Stadtoldendorf zur Aufgabe gemacht und im Laufe der Jahre viel recherchiert. Er ist Mitinitiator der Stolpersteine in Stadtoldendorf. Begonnen habe laut Meier alles im Jahr 2007, als Ute Siegeler aus Borken die ersten elf Stolpersteine für ihre Familie initiierte: „Ohne Ute Siegeler hätte es in Stadtoldendorf keine Stolpersteine gegeben – sie war die Ideengeberin“, betonte Meier. Weitere Stolpersteinverlegungen in Stadtoldendorf gab es in den Jahren 2009, 2010 und 2014. Seither würden viele Menschen aus der ganzen Welt den Weg nach Stadtoldendorf finden, um sich auf Spurensuche zu begeben.

Meier berichtete, dass mit der Entfachung des Zweiten Weltkriegs die systematische Erfassung und Ermordung von Patientinnen und Patienten in Heil- und Pflegeanstalten begonnen habe. 70.000 Anstaltsbewohner wurden bis August 1941 in Gasmordanstalten im Deutschen Reich ermordet. Nach 1942 wurden die Gasmordanstalten wieder in Heilanstalten umgewandelt oder zur Tötung von KZ-Häftlingen genutzt, berichtete Meier weiter. Im Deutschen Reich weiteten sich die Euthanasie-Morde bis 1945 aus. Auch vor kranken und behinderten Kindern machte die Vernichtungsaktion nicht halt: Bis 1945 wurden 5.000 Kinder und Säuglinge ermordet. Das Schicksal dieser Menschen bezeuge die Unmenschlichkeit, Erbarmungslosigkeit und die perfide Systematik der Nationalsozialisten, betonte Meier: „Diese unvorstellbare Zeit liegt erst 80 Jahre zurück – das ist gerade mal ein Menschenleben“, unterstrich Meier und fügte hinzu, dass diese Schicksale bewusst machen, welches kostbare Gut es ist, ein selbstständiges Leben führen zu können.

Stadtoldendorfs Bürgermeister Helmut Affelt, der an diesem Tag ebenfalls anwesend war, hob die Bedeutsamkeit der Stolpersteine hervor: „Ich finde es wichtig, dass es diese Zeichen auf den Bürgersteinen gibt – sie erinnern an die Geschichte“, betonte er. Nadine Schmidt (CDU) vom Stadtrat vertritt die gleiche Meinung wie der Bürgermeister: „Gerade in dieser Zeit, wo alles nach rechts rückt, ist es wichtig, daran zu erinnern und aufzuklären“, betonte sie. Auch Lucian Kubas (CDU), Samtgemeindebürgermeister Wolfgang Anders, Dascho Wehner (CDU) und Wulf Kasperzik (FDP) waren anwesend. Verlegt hat den Stolperstein Bodo Janke-Zöllner, ein städtischer Mitarbeiter von der Stadt Stadtoldendorf.

Anmerkung der Redaktion: Die Verwandten von Gertrud Bloch möchten aus persönlichen Gründen nicht mit Nachnamen genannt werden.

Fotos: ant

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