Schorborn (red). Am Sontag, den 19.03.2023 um 14 Uhr lädt der Heimat- und Geschichtsverein Holzminden alle Mitglieder und Interessierten zu einer Führung durch Schorborn ein. Unter Führung von Dr. Klaus Weber treffen wir uns an der Glas-Stele am Dorfplatz in Schorborn.
Während des 18. Jahrhunderts veränderte sich das Glashüttenwesen insofern, als technologisch weiterentwickelte und auf einen größeren Glaswarenabsatz ausgelegte, ortsfeste Manufakturen errichtet und vorwiegend landesherrlich betrieben wurden.
So ließ Herzog Carl I. von Braunschweig-Wolfenbüttel an dem im Mittelalter einst wüst gefallenen, waldreichen Sollingort 1744 die Fürstlich-Braunschweigisch-Lüneburgische Hohl- und Tafelglashütte bei dem „Schorborner Teich“ unter herzoglicher Administration errichten.
Der ein Jahr zuvor initiierte staatlich-merkantilistische "Industriebetrieb" war im 18. Jahrhundert die erste langfristig ortsfeste Glashütte im Solling zur Deckung des Landesbedarfs an grünem und farblosem Hohl- und Flachglas.
Kaum eine andere Glashütte des Oberweserraumes umfasst in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts und im beginnenden 19. Jahrhundert eine vergleichbare Form- und Gestaltungsvielfalt mit breiter Herstellungskreativität wie die Schorborner Glasmanufaktur mit ihren nahegelegenen Filialglashütten im Solling, die „Sollinghütten“.
Um angeworbene Arbeiter und Handwerker sesshaft und somit einheimisch werden zu lassen, förderte der braunschweigische Hof die frühesten Arbeitersiedlungen in der deutschen Geschichte. Die Kleinsiedlung der Glasmanufaktur entwickelte sich durch die neue Bebauung mit festen Gebäuden zum Glashüttendorf Schorborn. Durch Zeilenbebauung waren zur dauerhaften Ansiedlung von Hüttenpersonal solide Fabrikantenhäuser als Werkswohnungen für Glasmacherfamilien auf Kosten der Fürstlichen Kammer gefördert und planmäßig in einer Reihe und in „einerlei Größe“ und gleicher Einrichtung errichtet worden.
1748 hatte der braunschweigische Hof-Jägermeister Johann Georg v. Langen die Oberinspektion über die Glasmanufaktur übernommen, wobei er zwei strategische Ziele verfolgte: zum einen möglichst rationelle Verwendung der ungenutzten Holzvorräte der Sollingforsten an Ort und Stelle, zum anderen Handwerker anzusiedeln, "die sich mit der Zeit an einem einsamen Orte mit ihrer Hände Arbeit als nützliche Landesbewohner ernähren können".
In der regionalen Bevölkerungsdynamik nahm Schorborn einst eine Sonderstellung ein. Mit der aus merkantilistischem Geist hervorgegangenen (proto-)industriellen Unternehmung von Herzog Carl I. begann ein rascher Bevölkerungsanstieg, der bis zur Einstellung der Glasherstellung andauerte.
Nicht zuletzt wegen der Brandkatastrophe in der Filialglashütte Mühlenberg, des absehbaren Holzmangels mit zunehmendem Missverhältnis zwischen dem Produktionsvolumen der Glashütten und dem nicht nachhaltigen Holzangebot aus den Sollingforsten und des Mangels an innovativen Betriebsverbesserungen wurde die Glasherstellung in sämtlichen „Sollinghütten“ mit Wirkung zu Michaelis 1842 eingestellt. Damit endete eine bedeutende Ära der neuzeitlichen Glasgeschichte im braunschweigischen Solling. Kennzeichnend und geradezu schicksalhaft für die "Sollinghütten" war, dass ihre Glaserzeugung stets holzgebunden blieb.
An das letztendlich gescheiterte Hüttenrevival um 1865-1905 von mit Steinkohle befeuerten „Glasfabriken“ erinnern heute noch bauliche Reste des ehemaligen industriellen Hüttengebäudes am „Glashüttenweg“.
Als wohnbauliche Bezüge zur gut 100-jährigen Glasgeschichte sind von der Glasmanufaktur mehrere Glasmacherhäuser und das ehemalige Herrenhaus als herrschaftliches Gebäude verblieben, die alle im Privatbesitz baulich verändert wurden.
Foto: Heimat- und Geschichtsverein Holzminden