Holzen (red). Eine langfristige Inwertsetzung der ehemaligen NS-Zwangsarbeitslager Holzen und Lenne als Lern- und Gedenkort, war das Ziel eines Kreistagsbeschlusses von Juni letzten Jahres. Doch die daraufhin gebildete interfraktionelle Arbeitsgruppe mit Vertretern aus Politik und Verwaltung und weiteren wichtigen Institutionen im Landkreis wollte nach dem ersten Aufschlag Anfang Dezember in den Räumen der Kreisvolkshochschule erstmal wissensmäßig auf den gleichen Stand gebracht werden. Das hat Kreisarchivar Dr. Hilko Linnemann nun mit einem Vortrag in dem Gremium nachgeholt. Als seinerzeitiger Mitarbeiter der Kreisvolkshochschule war Linnemann eng an dem Prozess der ersten Gedenkstättenentwicklung beteiligt, als Vorstandsmitglied des Heimat- und Geschichtsvereins für Landkreis und Stadt Holzminden beschäftigt ihn das Thema auch heute noch intensiv. Die Erkenntnis für die Teilnehmenden nach dem umfassenden Referat: Vieles, was jetzt wieder wünschenswert wäre, wurde schon einmal initiiert.
Linnemann gab zunächst einen historischen Abriss über das gesamte Geschehen in und um den Rüstungskomplex im Hils. Dort waren in dem zwischen September 1944 bis Anfang April 1945 bis zu 10.000 Zwangsarbeiter*innen, KZ-Häftlinge und Strafgefangene in verschiedenen Lagern zwischen Lenne und Holzen interniert, um unterirdische Rüstungsvorhaben für den vermeintlichen Endsieg vorzubereiten bzw. umzusetzen. Wie viele Menschen in den nur wenige Meter von den Orten entfernten Lagern und Arbeitsstätten aufgrund der unmenschlichen Lebens- und Arbeitsbedingungen umkamen, bleibt im Dunkeln, denn etliche der Inhaftierten wurden in den letzten Kriegstagen vor der Einnahme durch amerikanische Streitkräfte noch auf sogenannte Todesmärsche geschickt. Nach dem Krieg wurde eine Vielzahl der Lager weiter genutzt: Zunächst für die ehemals Internierten als provisorische Unterbringung, später auch anderweitig von unterschiedlichen Institutionen.
Das stärkere Interesse an einer historischen Aufarbeitung führte schließlich ab den 80er Jahren sowohl zu intensiveren Quellenauswertungen als auch zur Wiederherrichtung des 1948 von italienischen Zwangsarbeitern errichteten Ehrenfriedhofes bzw. der Gedenkstätte bei Lenne. Während der Friedhof von Schüler*innen der weiterführenden Schulen aus Delligsen und Eschershausen instandgesetzt wurde, war Hilko Linnemann in den 2000er Jahren als seinerzeitiger Mitarbeiter der KVHS dafür zuständig, dass mithilfe von europäischen LEADER- und weiteren Fördermitteln auf dem Gelände des ehemaligen Lagers ein Lehrpfad und ein Barackennachbau als Erinnerungsstätte errichtet wurde. In diesem Zusammenhang wurden seinerzeit auch umfangreiche Überlegungen dazu angestellt, wie und in welchem Umfang eine Gedenkstätte in dem Gebiet unterhalb des Hils Bestand haben könnte. Dass allein die permanente Pflege des schon Vorhandenen besser durch eine andere Trägerschaft als durch den Landkreis sinnvoll ist, sei schon vor zehn Jahren ein zwingendes Resultat der damaligen Überlegungen gewesen, so Linnemann.
In der anschließenden Diskussion wurde noch einmal bekräftigt, dass es eines Grundkonzeptes mit entsprechenden Inhalten bedarf und gleichzeitig auch die Stiftung Niedersächsische Gedenkstätten eingeladen werden soll, um professionelle Unterstützung für dessen Tragfähigkeit zu erarbeiten. Ende April soll es genau damit weitergehen
Foto: Landkreis Holzminden