Holzminden (red). Seit gut zwei Monaten hat er geöffnet, der neue Service Point Gesundheit und Arbeit in der Holzmindener Mittleren Straße. Die Einrichtung ist Teil eines Gemeinschaftsprojektes des Jobcenters Holzminden und der Softdoor GmbH. Zusammen mit nur drei weiteren Jobcentern bundesweit wird damit in Holzminden Neuland betreten. Ziel dabei ist, Leistungsbezieher*innen, die aus gesundheitlichen Gründen schon längerfristig keine Job-Perspektive mehr haben, durch ein umfassenderes Betreuungsangebot wieder an den Arbeitsmarkt herangeführt werden sollen. Gefördert wird das auf fünf Jahre angelegte Pilotprojekt für den Jobcenterverbund der Landkreise Holzminden, Hameln, Northeim und Siegen-Wittgenstein durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Bei einem Ortstermin zusammen mit den Trägern stellte das Team des Jobcenters und der Coaches sich jetzt gemeinsam vor.
„Wir arbeiten hier mit den Menschen ganz individuell“, machte Projektkoordinatorin Darja Graf gleich bei ihrer Begrüßung den Unterschied zu den bisherigen Handlungsmöglichkeiten deutlich. In den Räumen in der Mittleren Straße 13 arbeiten die Fallmanager*innen des Jobcenters mit einem Netzwerk von Experten vorrangig aus dem Gesundheitsbereich zusammen, um langfristig aufgebaute Probleme, die eine Wiedereingliederung verhindern, abzubauen. Wie so etwas konkret aussieht, beschrieb dann später eine betroffene Teilnehmerin genauer. Obwohl sie sich schon mehrmals in ihrem Leben umorientiert habe, habe ihr beim letzten Mal komplett die Kraft gefehlt, dass noch einmal selbst zu stemmen und trotz einiger Rückschläge einen neuen Anlauf zu nehmen. Im Service Point fühle sie sich gut aufgehoben, mithilfe von Coaches könne ein Zurück in das eigene Handeln gelingen.
91 Menschen nehmen seit dem 1. Juni ein solche besondere Hilfe des Service Points in Anspruch, ein Jahr kann so eine intensivere Betreuung dauern. Dass das Potenzial für die fünfjährige Förderzeit auch im Landkreis Holzminden da ist, unterstreicht Achim Keil, Chef des Jobcenters Holzminden. „Rund 40 Prozent unserer Kundinnen und Kunden sind vor allem aufgrund gesundheitlicher Probleme nicht in der Lage, wieder erwerbsfähig zu werden. Das sind insgesamt weit über 600, denen hier weitergeholfen werden könnte.“ Keil machte deutlich, dass das Projekt schon jetzt ein voller Erfolg sei, weil es gelungen sei, mit vielen Händen und unter Mithilfe ganz unterschiedlicher Stellen dieses wichtige Konzept so auf den Weg zu bringen, dass vom Bundesministerium für Arbeit und Soziale als förderungswürdig anerkannt wurde. Arbeit und Ergebnisse über den gesamten Zeitraum werden übrigens auch wissenschaftlich untersucht und bewertet. Das Beispiel Holzminden könnte also bei entsprechendem Erfolg Schule machen.
Dass ein solches Konzept insgesamt Sinn macht, darin sind sich die beiden Träger des Jobcenters, die Arbeitsagentur und der Landkreis einig. Die Wirtschaft suche dringend Fachkräfte, erklärte Gerhard Durchstecher, Vorsitzender der Geschäftsführung der Arbeitsagentur Hameln bei der offiziellen Einweihung. Doch Arbeitslosigkeit mache krank und Krankheit mache arbeitslos. Um aus diesem Teufelskreis herauszukommen, bedürfe es der besonderen Unterstützung, die das neue Konzept jetzt anbiete. „Jeder Einzelne ist es uns wert“, betonte auch Landrat Michael Schünemann bei dem Ortstermin. Er hoffe darauf, dass möglichst vielen von denjenigen, die hier freiwillig und ohne Zwang einen besonderen Service in Anspruch nehmen könnten, ein besserer Zugang zum Arbeitsmarkt wieder gelingen möge.
Foto: Drews/ Landkreis Holzminden