Lüchtringen (TKu). Die Europameisterschaft der böhmisch mährischen Blasmusik in Lüchtringen ist zu Ende und es gibt zwei EM-Sieger in zwei Klassen: Mit 91,2 Punkten haben die Hochstift-Musikanten in der Mittelstufe der Europameisterschaft den EM-Titel geholt. Erst vor zwei Jahren haben sich die Hochstift-Musikanten aus dem Stadtgebiet Höxter gegründet, um an der Europameisterschaft in Lüchtringen teilzunehmen – und nun dieser große Erfolg. Damit hat Michael Schauka aus Albaxen, Trompeter der Hochstift-Musikanten, ebenso wenig gerechnet, wie der Rest des Ensembles. Vier Tage lang stand die 3000 Einwohner große Ortschaft an der Weser ganz im Zeichen des Musikwettbewerbes, der seit dem Jahr 2000 durch die Confédération Internationale des Sociétés Musicales (CISM), dem internationalen Musikbund, initiiert wird. Und so wurde auf „Lamberts Wiese“ von Donnerstag bis Sonntag die in Deutschland bislang nördlichste Europameisterschaft der böhmisch mährischen Blasmusik ausgetragen, bei der Musikkapellen aus den Niederlanden, der Slowakei und aus Deutschland teilgenommen haben. Gespielt wurde immer irgendwo auf einer der drei Bühnen auf „Lamberts Wiese“.
Der Wettbewerb fand auf einer Bühne in der Turnhalle der Schule statt. Musiziert wurde außerdem auf einer Bühne vor und in dem 1200 Quadratmeter großen Festzelt. Die Majorette-Tanztruppe des Slowenischen Orchesters „Obcinski pihalni orkester“ aus Trebnje haben zur Eröffnungsfeier des musikalischen Wettbewerbs am Freitag einen Formationstanz aufgeführt, der beim Publikum sehr gut ankam.
Für die Europameisterschaft konnten sich die teilnehmenden Orchester auf drei verschiedenen Leistungsstufen von A bis C anmelden, wobei A die anspruchsvollste Stufe ist. Langeweile war allerdings auf keinen Fall vorprogrammiert: Erzielte beispielsweise ein Orchester der C-Gruppe in allen Bewertungskriterien (Stimmung und Intonation, Ton und Klangqualität, Dynamik etc.) mehr Punkte, weil das Ensemble im Verhältnis zu seiner Leistungsstufe sauberer spielt, so hatte auch das Blasorchester in der niedrigen Leistungsstufe das Zeug zum Titel Europameister.
Absolute Ruhe und Konzentration waren vor jedem Auftritt im Wettbewerbssaal nötig. Vor der Jury, bestehend aus dem in der Blasmusikszene bekannten Kapellmeister Gottfried Reisegger, BR-Moderator Stephan Ametsbichler sowie dem Komponisten und Dirigenten Franz Watz, holten die Orchester danach die besten Töne aus sich heraus. „Wir hören genau hin und erkennen nicht nur die musikalischen Fehler, sondern merken schon, bevor ein Fehler passiert“, erklärt Dirigent Franz Watz aus der Fachjury. Fast zehn Stunden hat sich die dreiköpfige Jury die 12 teilnehmenden Musikorchester angehört und nach den Maßstäben des CISM bewertet. In der Höchststufe gab es nur einen Bewerber um den Europameister-Titel, die Hardenberger Musikanten aus dem Landkreis Northeim. Da sie jedoch die Mindestpunktzahl von 92 Punkten für diese Kategorie nicht erreicht haben, wurde aus dem Titel trotz mangelnder Konkurrenz in dieser Leistungsstufe nichts.
„Wir haben schon ein Auge zugedrückt bei allen Auftritten aufgrund der Corona-Pandemie, da es in dieser Zeit kaum möglich war, für die EM zu proben“, ergänzte Jurymitglied Franz Watz.
Nach der Siegerehrung im Festzelt in Lüchtringen haben die Europameister ihren Titel ausgiebig gefeiert. Dazu spielte die Formation „Alpenblech“. Nach den Klängen der Blasmusik legte DJ Renè, der sogenannte „Blasmusikdazwischenmucker“, auf. Die böhmisch-mährische Musik nehme wieder einen zunehmend höheren Stellenwert ein. Die Stücke lägen bei Freunden der Blasmusik verstärkt im Trend und viele junge Leute haben Spaß daran, sie zu spielen, meint Dirigent Sven Schafer von der Blaskapelle Lüchtringen von 1958 e.V., der gemeinsam mit seiner Kapelle diese Europameisterschaft nach Lüchtringen geholt hat. Eine Stilikone dieser Musikrichtung sei auch Ernst Hutter mit seinen original Egerländer Musikanten, so Schafer weiter. Hutter und sein Ensemble war am vergangenen Freitag vor mehr als 650 begeisterten Fans der böhmischen Blasmusik im Festzelt in Lüchtringen aufgetreten. "Hutter ist definitiv ein Vorbild und der Grund dafür, dass es überhaupt so viele Profis gibt. Sonst wäre eine Europameisterschaft der böhmisch-mährischen Blasmusik gar nicht möglich", ist sich Sven Schafer sicher.
Fotos: Thomas Kube