Bevern (r). Ab dem Saisonstart am 15. April lockt das Kulturzentrum Weserrenaissance Schloss Bevern mit einem neuen einladenden Jahresprogramm. „Kultur im Schloss 2022“, das bedeutet jede Menge Kulturveranstaltungen mit Sonderausstellungen, Konzerten, Theater, Besuchsangeboten und ganz neuen Formaten, die auch mal vor dem Schlosstor stattfinden. Neben der „Erlebniswelt Renaissance“, die Wissenswertes über Leben und Wirken des Schlosserbauers Statius von Münchhausen präsentiert, befasst sich auch die neue Dauerausstellung „Der Plan vom Schloss. Grundrisse vom Weserrenaissance Schloss Bevern aus vier Jahrhunderten“ mit dem Schloss selbst. Sie zeigt die vielen Veränderungen der wechselhaften Nutzungsgeschichte und wirft einen beeindruckenden dreidimensionalen Blick auf künftig mögliche Planungen. Die Dauerausstellung am frauenORTE Niedersachsen-Standort „Paula Tobias. Auf den Spuren der ersten Landärztin im Braunschweiger Land“ erzählt die Lebensgeschichte der ersten Ärztin im ländlichen Raum und Gründerin der ersten Mütterberatung in der Region.
Zwei große Sonderausstellungen ergänzen das Programm. Vom 15. April bis zum 14. Juli ist eine faszinierende Fotoausstellung über die „Wildnis Niedersachsen“ zu sehen. Die Ausstellung lenkt den Blick auf das Naturerbe Niedersachsens, jene Landschaften und Nischen, in denen seltene Tiere und Pflanzen verborgen sind. Dass es diese noch gibt, offenbaren die eindrucksvollen Bilder der Fotografen Jürgen Borris, Willi Rolfes und Bernd Volmer. Alle drei zählen seit Jahrzehnten zu den profiliertesten Naturfotografen Deutschlands. Im Beiprogramm: ein Vortrag am 25. April und ein Fotoworkshop am 21. Mai. Ein ungewöhnliches Theaterprojekt knüpft an diese Ausstellung an. Die Kompagnie „TheatreFragile“ lädt am 24. und 25. Juni mit der Inszenierung „Wie du in den Wald hineinrufst“ zu einem aufwändig gestalteten Parcours durch den Wald bei Bevern ein. Ausführende sind Beveraner Kinder und Jugendliche, die zuvor über mehrere Monate das Gesamtkunstwerk mit den Künstlerinnen erarbeiten werden.
Mit seiner zweiten Sonderausstellung vom 24. Juli bis zum 9. Oktober 2022 wendet sich das Kulturzentrum einem ganz speziellen Themenfeld zu. Die am Haus der Geschichte erstellte Ausstellung „Schamlos? Sexualmoral im Wandel“ zeigt, wie sich das Miteinander der Geschlechter in den vergangenen sieben Jahrzehnten tiefgreifend verändert hat. Lange fand Sexualität in Deutschland hinter verschlossenen Türen statt, bis die 1960er Jahre eine Welle der Hemmungslosigkeit auslösten. Alte Leitbilder gingen über Bord. In Bezug auf Sexualität und Partnerschaft scheint heute alles möglich. Aber macht uns das wirklich frei? Interaktive Elemente der Ausstellung fragen zum Beispiel unterhaltsam locker: „Wer hat Sie aufgeklärt?“ Geöffnet haben die Ausstellungen dienstags bis sonntags und feiertags von 10 bis 17 Uhr. Details und aktuelle Infos zu Ausstellungen und Begleitprogramm unter www.schloss-bevern.de.
Einen Besuch wert ist auch das Heimatmuseum im Schloss. Prächtige Faksimiles können in der Historischen Bibliothek bestaunt werden. Die Archäologische Denkmalpflege des Landkreises Holzminden ist mit Restaurierungswerkstatt und Studiensammlung im Schloss präsent. Auch das Veranstaltungsprogramm erwacht zu neuem Leben. Am 23. Juni, 19 Uhr, sorgt ein Besuch der bremer shakespeare company mit einer Open Air-Aufführung von „Macbeth“ für eine in Bevern erstmals in Shakespeare-Englisch aufgeführte Sternstunde. Die atmosphärische Inszenierung setzt gekonnt filmische Mittel ein. Zügige Erzählweise und Anklänge an bekannte Fantasy-Produktionen sprechen bewusst die Sehgewohnheiten jugendlicher Zuschauer an. Inhaltsangaben gewähren auch ohne sattelfestes Englisch einen guten Überblick über das Geschehen.
Mit Konzerten bereichert der Freundeskreis Schloss Bevern das Kulturprogramm, darunter die sommerlichen Open-Air-Konzerte „Classic Brass“ (24. Juli) und „Jazz-Frühschoppen“ (28. August) mit der Big Band Holzminden. Den Auftakt ins Kammermusikjahr macht am 13. März ein Cembalo-Konzert mit Aleksandra und Alexander Grychtolik. Am 3. April spielen Hannah Schlubeck und Isabell Moreton in der Besetzung Panflöte/Harfe. Am 9. Oktober folgt ein Wiedersehen mit der Pianistin Yukiko Tanaka beim Klavierabend und am 22. Mai erklingen dann „Zauberhafte Flöten und Violoncello“ mit Alexander Käberich, Arndt Jubal Mehring und Max Gundermann. Zum Adventskonzert 2022 musiziert schließlich die Familie Simco (26. November). Am 2. Juli erklingt darüber hinaus italienische Musik zum Jubiläum der Eisdiele am Schlossvorplatz, während am 1. August der „Schlösser-Erlebnistag“ mit einfallsreichen Aktionen lockt.
Wer gern Erzählungen lauscht, ist bei der klassischen Schlossführung richtig aufgehoben. Daneben gibt es die Kinderführung „Geheimnisvolle Entdeckertour mit Spiel, Spaß und Spannung“, „Unser Schloss zum Kennenlernen in einfacher deutscher Sprache“ oder „Handicap – nicht für uns“. Rund ums Schloss führen „Geschichte und Geschichten entlang der alten Schlossmauern“. Durch die Geschichte bis ins Jetzt führt die bauhistorische Führungsreihe „Schloss Spezial“. Termine und Details zu den einzelnen Veranstaltungen sind im Internet zu finden. Überhaupt lohnt ein Blick auf die Webseite des Kulturzentrums. Dort lassen sich unbedingt sehenswerte filmische Ereignisse finden: Shakespeares „Kaufmann von Venedig“ im Schlossinnenhof, ein „Verwegenes“ Konzert mit Schlossführung und Ausstellungsrundgänge.
Foto: Classic Brass 2015/Landkreis Holzminden