Holzminden (red/lbr). Seit fast zwei Jahren besteht die Diskussion um den neuen Standort des Tierheims am Allernbusch in Holzminden. Nun beziehen die Feldwegeinteressenschaft und die Jagdgenossenschaft Stellung und erklären ihre Sicht durch eine Presseerklärung des ersten Vorsitzenden Friedrich Schütte: „Wir, die Feldwegeinteressentschaft und die Jagdgenossenschaft Holzminden haben im September/Oktober 2018 erfahren, dass der Tierschutzverein Holzminden-Höxter eine größere Erbschaft gemacht hat und Interesse hat, einen ehemaligen landwirtschaftlichen Betrieb (Resthof) zu erwerben. Dort sollte ein neues Tierheim errichtet werden, obwohl das bestehende Tierheim an der Nordstraße allen Anforderungen an den Tierschutz gerecht wird. Der alte Standort war und ist auch nicht durch Wegfall evt. Genehmigungen schon gar nicht durch eine Erweiterung der Kläranlage in seinem Bestand gefährdet. Vor diesem Hintergrund erschließt sich uns bis heute nicht, warum der Tierschutzverein Holzminden-Höxter den etablierten Standort aufgeben und das Tierheim in die Holzmindener Feldmark, durch die in der Nähe eine Kreisstraße führt, verlagern möchte“, heißt es in der Presseerklärung.

Zudem hätten die Gebäude des Resthofs Mitten im Landschaftsschutzgebiets Solling-Vogler liegen und waren zu Beginn der Umsiedlungsplanungen noch nicht aus dem Landschaftsschutzgebiet herausgenommen. „Der Hauptzweck von Landschaftsschutzgebieten ist neben dem Schutz von Vielfalt, Eigenart und Schönheit des Landschaftsbildes vor allem der Arten- und Naturschutz. So sollen Lebensräume erhalten werden oder entstehen, die sonst nur schwer zu etablieren sind. Durch den erhöhten Publikumsverkehr, der bei dem Betrieb des Tierheims auf dem Resthof sowohl durch die Besucher als auch die ehrenamtlichen „Gassi-Geher“ zwangsläufig stattfinden würde, ist das Vorhaben des Tierschutzvereins Holzminden-Höxter mit den vorgenannten Schutzzielen nicht vereinbar. Es gibt eine Vielzahl von Tierarten, die zukünftig verdrängt bzw. sich nicht mehr ansiedeln lassen würden. Wir fühlen uns den Zielen der Landschaftsschutzgebietsverordnung verpflichtet, weswegen wir das Vorhaben des Tierschutzvereins Holzminden-Höxter nicht unterstützen können“, so die Interessenschaft.

Bereits am 18. Oktober und 4. Dezember 2018 habe die Feldwegeinteressenschaft dem Landkreis und der Stadt mitgeteilt, dass sie mit der geplanten Umnutzung nicht einverstanden seien und der Erschließung nicht zustimmen würden. „Zur Begründung unserer Ablehnung haben wir auf die zusätzliche Verkehrsbelastung einerseits unmittelbar durch den Betrieb des Tierheims und andererseits durch den Besucherverkehr nicht zuletzt auch zu erwartende Veranstaltungen wie beispielsweise Tage der offenen Tür etc. verwiesen. Der Hauptverkehr wird dabei im Übrigen über die Liethstraße abgewickelt werden und nicht über die Kreisstraße um die Stadt herum. Hinzu kommen Lärmimmissionen in Form von Hundegebell, wobei die Tierheimhunde nicht nur in Ihren Zwingern verbleiben, sondern auch in der Feldmark ausgeführt werden müssen“, erklärt die Interessenschaft. Auch das Ausführen der Hunde würde die Natur zusätzlich belasten: „Was uns aber noch größere Sorgen bereitet, sind die Hinterlassenschaften der Hunde. In unmittelbarer Nähe zum Resthof befinden sich Wiesen und Weiden, die zur Grobfuttergewinnung der viehhaltenden Betriebe verwendet werden. Der Hund ist Überträger eines einzelligen Parasiten mit dem Namen Neospora caninum. Die Problematik ist hier, dass die Hunde nur in den allerseltensten Fällen selbst durch ihn erkranken. Sie sind nur Überträger. Der Parasit wird vom Hund in den Wiesen ausgeschieden und gelangt so in das Futter der Tiere. Selbst wenn die Hinterlassenschaften mitgenommen werden, ist das Gras nicht mehr zu gebrauchen. Darum wird von Fachleuten dazu geraten, das Gras von den Rändern solcher Flächen, die an gut frequentierten Wegen liegen, zu verwerfen und gar nicht zur Futtergewinnung zu verwenden. Das kann sich aber ein Betrieb kaum leisten, da Fläche ein knappes Gut in der Landwirtschaft darstellt“, laut Presseerklärung. Neben den Hunden seien auch die Katzen für die Fauna des Schutzgebietes eine erhebliche Gefahr, da sie in der Regel auch Vögel und andere geschützte Tierarten fangen und somit in diesem Bereich ausrotten würden. „Die ordnungsgemäße Hege und Pflege der wild lebenden Tiere im Bereich des Tierheims würde letztlich zum Erliegen kommen“, schlussfolgert die Interessenschaft.

Am 27. Dezember 2018 erfuhr die Interessenschaft durch die Stadt Holzminden, dass dem Tierschutzverein ein positiver Bauvorbescheid erteilt wurde, jedoch mit dem Hinweis, dass eine Baugenehmigung nur mit einer Wege-Baulast erteilt werden könne. Anfang des Jahres 2019 hab der Tierschutzverein den Kaufvertrag unterschrieben, ohne dass die Feldwegeinteressenschaft als Eigentümer eine Genehmigung erteilen wollten. „Möglicherweise ist Herr Müller, der seinerzeit Ratsmitglied im Stadtrat von Holzminden war, davon ausgegangen, er werde das Problem schon irgendwie lösen. Tatsache ist aber, dass der Tierschutzverein das Grundstück in voller Kenntnis des Risikos erworben hat, dass die notwendige Erschließung des Vorhabens nicht sichergestellt werden kann“, heißt es in der Pressemitteilung und weiter: „Am 5. Februar 2019 haben wir Widerspruch gegen den erteilten Bauvorbescheid erhoben. Im Nachgang haben wir Akteneinsicht beantragt und nach Durchsicht der Unterlagen festgestellt, dass der Bauvorbescheid der Stadt Holzminden für uns rechtswidrig ist. Grund hierfür ist der Umstand, dass nach unserer Rechtsauffassung kein privilegiertes Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB zu beurteilen ist. Ungeachtet dieser Tatsachen hat der Tierschutzverein Aktionen gestartet, um das Vorhaben voranzutreiben. Immer mit großem Presseeinsatz, ob Versteigerungen des Inventars, Arbeitseinsätze wie im Mai 2019, bei dem Wände eingerissen wurden, der Ausbau der Wohnung des zukünftigen Tierheimleiters usw. Unseres Erachtens sollten damit vollendete Tatsachen geschaffen werden.“

Ende Februar 2020 habe der Tierschutzverein den offiziellen Antrag auf Erteilung eines Wegerechts bei der Feldwegeinteressentschaft Holzminden gestellt. In der Mitgliederversammlung am 5. März, an der auch der Vorsitzende des Tierschutzvereins Jens Müller teilnahm, sei der Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt worden. An dieses Votum der Versammlung sei der Vorstand gebunden und müsse entsprechend handeln. „Es ist im Übrigen auch nicht so, dass die Feldwegeinteressentschaft eine Baulast für das Wegerecht fordert, sondern die Stadt als Genehmigungsbehörde. Ohne Baulast keine Baugenehmigung. Dieses stand aber schon 2018 fest. Zwar hat die Feldwegeinteressentschaft, in deren Eigentum sich die Wirtschaftswege, Gräben, Böschungen usw. befinden, in Einzelfällen Baulasten oder Wegerechte für Berechtigte bewilligt und wird dies auch in Zukunft tun. Für die Zwecke des Tierschutzvereins ist dies indes nicht möglich, da es sich bei dem Tierheim nach unserer Rechtsauffassung um ein nicht privilegiertes, mithin rechtswidriges Bauvorhaben handelt und wir es wegen der von ihm ausgehenden Belästigungen ablehnen. Der Tierschutzverein kann sich auf keinerlei Gewohnheitsrecht oder eine Gleichbehandlung berufen, da es in der Vergangenheit schlicht keinen vergleichbaren Antrag gab, der genehmigt wurde“, erklärt die Interessenschaft in ihrem Schreiben.

„Wir haben gleichwohl im September 2020 ein Gespräch mit dem gesamten Vorstand des Tierschutzvereins unter Moderation des Landrates Michael Schünemann geführt, zu dem wir eingeladen hatten. Bei dem sachlichen Gespräch wurden nochmals alle Argumente ausgetauscht. Leider lag zu diesem Zeitpunkt der Bescheid der Stadt Holzminden betreffend den Widerspruch der Feldwegeinteressentschaft noch nicht vor. Dieser ging bei uns erst am 15. November 2020 ein. Der Widerspruch wurde zurückgewiesen. Die Stadt Holzminden hält die Nutzung ‚Tierheim' nach § 35 Abs. 4 BauGB für zulässig. Sie vertritt die Ansicht, es gäbe für das Vorhaben kein geeignetes Grundstück im Innenbereich. Auch diesen Ausführungen können wir nicht folgen. Wir bezweifeln, dass es in den Kreisen Holzminden und Höxter, es ist ja der Tierschutzverein Holzminden-Höxter, kein geeigneteres Grundstück für ein Tierheim gibt. Das Gegenteil dürfte der Fall sein, zumal an dem streitgegenständlichen Standort nach den behördlichen Auflagen nicht möglich ist, Anbauten oder Außenanlagen, wie z. B. Ausläufe für die Hunde zu errichten“, so die Interessenschaft.

Um die Rechtmäßigkeit des Bauvorbescheides der Stadt Holzminden prüfen zu lassen hat die Feldwegeinteressentschaft beim Verwaltungsgericht Hannover Klage gegen den Bauvorbescheid der Stadt Holzminden erhoben. „Wir wünschen uns eine objektive Prüfung der Rechtmäßigkeit des Vorhabens und eine sachliche Diskussion. Es ist unseres Erachtens unerträglich, wie die Mitglieder der Feldwegeinteressentschaft, ich als ihr Vorsitzender sowie die örtlichen Landwirte als schlechte Menschen hingestellt, insbesondere in den sozialen Netzwerken diffamiert und beschimpft werden. Viele von uns haben Tiere als Haustiere oder die Landwirte als Nutztiere und auch wir treten für den Tierschutz ein. Die Notwendigkeit eines Tierheims für Fund und andere Tiere in Not wird nicht bestritten. Aber ob es ein neues an diesem Standort sein muss, das streiten wir aus den vorgenannten, sicherlich nicht vollständig aufgezählten Gründen ab“, so Friedrich Schütte, Vorsitzender.

„Herr Müller versucht weiter, von den Fakten abzulenken. Der Tierschutzverein hat ein Grundstück gekauft im vollen Bewusstsein, dass eine Baulast zur Erschließung benötigt wird und damit unerlässlich für die Baugenehmigung ist. Durch unsere frühzeitigen Einsprüche und Stellungnahmen konnte er nicht von einer Genehmigung durch uns ausgehen. Warum das Grundstück trotzdem gekauft wurde, entzieht sich unserer Kenntnis. Herr Müller konnte uns diese Frage bisher nicht beantworten“, so die Feldwegeinteressenschaft abschließend.

Foto: Schütte

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