Stadtoldendorf (rus). Es ist ein Prozess, der die Stadtoldendorfer nun schon seit über 15 Jahren begleitet und auch noch länger schon in den Köpfen hängt. Was fängt man mit einer leeren Innenstadt an? Die Zeiten voller Geschäfte und Laufkundschaft sind längst vorbei. Die düsteren Szenarien, die sich schon vor über 20 Jahren abzeichneten, haben sich leider inzwischen bewahrheitet. Heute ist die Innenstadt still, gesäumt von leeren Schaufenstern und Leerstand – im Übrigen aber nicht nur in Stadtoldendorf, auch andere Kommunen stehen vor demselben Problem.
Gründe dafür gibt es viele, allen voran natürlich der Onlinehandel, aber auch ein verändertes Kaufverhalten allgemein haben dazu beigetragen. Der Status Quo in Stadtoldendorf aktuell: Vom Markt bis zum Teichtorplatz gibt es gerade einmal noch gut acht Geschäfte, daneben fünf gastronomische Betriebe und zwei Arztpraxen – der Rest steht leer. Vereinzelte Geschäfte werden oder wurden bereits in Wohnraum umgebaut. Was also tun mit einer Innenstadt, die auch geografisch schwierig zu beplanen ist? Eine dieser notwendigen Antworten - nach den vielen Jahren Vorarbeit - soll jetzt die „Multifunktionale Kellerstraße“ liefern. Ein Areal, was attraktiven Freiraum schaffen soll, zum Verweilen einlädt und den Fokus mehr auf Natur, Naherholung und Veranstaltungen lenkt. Dazu wurde der Prozess in sieben verschiedene Nutzungsfelder aufgeteilt, von denen sich viel um Erholung, Gesellschaft und eine höhere Aufenthaltsqualität dreht – aber eben nicht mehr primär um den Handel.
Abrissbereich in der Kellerstraße
Dass ein Großteil Alt-Stadtoldendorfs in der Kellerstraße inzwischen abgerissen wurde, brachte einen großen Platz zum Vorschein, der durch sein Umfeld neben dem Markt als zentrale Mitte der Fußgängerzone wahrgenommen werden kann. In Verlängerung des Marktplatzes soll dieser Raum nun neugestaltet werden. Geplant sind ein urbaner und ein grüner Bereich, der sowohl Raum für Erholung bieten, als auch später als Veranstaltungsfläche für vielerlei Events dienen soll. Um den Bereich noch weiter zu vergrößern und ein weiteres, baufälliges Gebäude zu entfernen, steht sogar noch für dieses Jahr ein weiterer Abriss an. Das letzte Gebäude im nördlichen Teil der Petersilienstraße wird ebenfalls abgerissen und wird damit die Gesamtfläche noch einmal vergrößern. Insgesamt stehen hier dann gut 1.200 Quadratmeter zur Verfügung, mit den angrenzenden Straßenflächen, die teils ebenfalls umgestaltet werden, sind es sogar über 2.000 Quadratmeter.
Umgesetzt werden sollen die Maßnahmen unter Zurhilfenahme von Fördergeldern aus der Städtebauförderung, die der Stadt die Realisierung erleichtern sollen. Nach dem Abriss des letzten Gebäudes soll schließlich zügig an die Umsetzung gegangenen werden, bis Ende 2024 müssen die Arbeiten abgeschlossen sein. Beschlossen wurden alle geplanten Maßnahmen nach Vorberatung in den Fachgremien Mitte September im Stadtrat.
Die verschiedenen Nutzungsfelder kurz erklärt
Anhand von sieben Nutzungsfeldern wurden verschiedene Zielgruppen angesprochen, die sich später mit dem Areal identifizieren sollen. Folgende Nutzungsfelder mit ihren Ideen sollen nun umgesetzt werden.
Naturnähe und Erholung: Eine Mischung aus Bäumen und Sträuchern sowie pflegeleichten Grünflächen sollen für Gemütlichkeit sorgen, aufgestellte Sitzbänke zum Verweilen einladen. Die „grüne Lunge“, wie sie in den Jahren schon im Arbeitskreis Innenstadt diskutiert wurde, wird damit weitestgehend realisiert.
Geschichte und Gegenwart: An einigen Stellen soll die Fläche bewusst durch Sandsteinblöcke abgegrenzt werden und auf verschiedenen Sockeln Stellflächen für Ausstellungsgegenstände und -exponate schaffen.
Wasser: Der oberhalb der Kellerstraße am Ratskeller angrenzende Jule-Johler-Brunnen soll eine Verbindung zu einem Spielbereich aufbauen. Geplant ist hier ein Brunnen mit kleiner Spielanlage, an denen sich Kinder ausleben dürfen.
Spielen und Entdecken: Das Umfeld rund um dieses Wasserspiel soll natürlich gestaltet werden und für Kinder Raum zum Spielen und Austoben bieten. Ein kleiner Spielplatz in der Innenstadt war in der Vergangenheit ebenfalls vielfach gewünscht und als Idee geäußert worden.
Treffen und Feiern: Am unteren Ende des Areals soll eine Art Amphitheater entstehen, angelehnt an die absteigende Topografie in diesem Bereich. Auch eine mobile Bühne ist im Gespräch, die hier dann eingesetzt werden könnte.
Gastronomie und Erleben: Auf einer ebenen Fläche soll Platz für eine Außenbewirtung geschaffen werden, die bei Veranstaltungen genutzt werden kann. Die Stellfläche soll sich in unmittelbarer Nähe zu dem Amphitheater befinden.
Erschließung und Parken: Am unteren Ende des allgemein als verkehrsberuhigten Bereiches ausgewiesenen Areals sollen Parkflächen für Anwohner entstehen, weitere Parkbuchten in der abschüssigen Straße, die künftig in Schrittgeschwindigkeit befahren werden darf. Auch Fahrradständer und E-Ladesäulen sind hier angedacht.
Auch ein Verkehrskonzept Bestandteil der Beratungen
Mit der Umsetzung des neuzugestaltenden Bereiches wird sich auch für den Verkehrsfluss in der Innenstadt einiges ändern. Schon 2008 stellte man im Rahmen einer Verkehrsschau Überlegungen an, die Fußgängerzone für den Verkehr zu öffnen. Zwischendurch gab es auch mal die eine oder andere Testphase, die nun in die finale Umsetzung münden soll. Demnach soll der Marktplatz künftig in östliche Richtung durchfahren werden dürfen, die Kellerstraße und obere Teichtorstraße sollen ebenfalls mit Fahrzeugen von oben nach unten befahren werden können. An dem neuen Areal dürfen sich Fahrzeuge dann abwärts in die Stadt bewegen, eine Zufahrt von der Baustraße und der Petersilienstraße sollen ebenfalls erlaubt werden.
Innenstadt schon immer ein Thema in Stadtoldendorf
Veränderungen rund um die Innenstadt waren in der Homburgstadt schon immer ein Thema. Die Anpassungen an neue Gegebenheiten und den Wandel haben seit jeher Stadtoldendorf begleitet und dazu aufgefordert, zu handeln, wie auch aktuell wieder. Mit den jetzt geplanten Maßnahmen findet nun (endlich) die finale Umsetzung statt, die die Innenstadt von Stadtoldendorf wieder ein gutes Stück attraktiver machen soll. Letztlich liegt es dann aber auch an den Bürgern, Vereinen und vielen weiteren Akteuren, diesen „neuen“ Platz anzunehmen und, noch viel wichtiger, auch mit Leben zu füllen.
Fotos: airfahrung.de, Stadt, rus, Archiv