Holzminden (lbr). Im Zuge seiner Wahlkampftour stattete Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) dem Glashersteller O-I in Holzminden einen Besuch ab. Im Vordergrund stand die Vorstellung des Unternehmens und die aktuelle Problematik in Bezug auf die steigenden Energiekosten sowie die Gasversorgung. Begleitet wurde Weil von der Landtagsabgeordneten Sabine Tippelt (SPD), dem Bundestagsabgeordnetem Johannes Schraps (SPD), Janett Brand (SPD Holzminden) sowie von Holzmindens Bürgermeister Christian Belke und Landrat Michael Schünemann.
O-I ist aus der Glasindustrie nicht wegzudenken. Das Werk besteht seit dem Jahr 1897 und stellt aus Altglas, Soda und Sand neue Glasbehälter her. Dabei ist das Unternehmen sehr flexible und kann die unterschiedlichsten Flaschen, Gefäße und Formen herstellen. „Können Sie sich ein Leben ohne Glas vorstellen?“, fragt Holzmindens Werkleiter Dieter Wundke in die Runde. Diese Frage konnte keiner der Anwesenden bejahen.
Doch die Glasindustrie wird derzeit vor große Herausforderungen gestellt: Bei der Herstellun von Glas ist ein Schmelzprozess unabdinglich und dafür wird aktuell noch einiges an Energie benötigt. „Wir verbrauchen jährlich rund 65.205 Kubikmeter Gas“, erklärt Wundke. Davon sind 91 Prozent Teil des Schmelzprozesses. „Wir müssen über die Energiekosten sprechen, damit wir uns eine Meinung bilden und Ihnen helfen können“, erklärt Sabine Tippelt.
Die Energiekostensteigerung sei gar nicht das Problem. „Auch mit der Preissteigerung können wir leben. Wir wissen, dass wir unseren Gasverbrauch reduzieren müssen. Wir arbeiten mit Elektrozusatzheizungen, doch damit können wir den Verbrauch lediglich um drei bis fünf Prozent reduzieren. Wir können nicht alles mit Öl substituieren, aber ein Teil ist möglich“, erklärt Michael Prechtl, Regionsgeschäftsführer für Nord- und Zentraleuropa. Wenn es entsprechende Förderungen geben würde, könne man mit zusätzlichem Öl ungefähr 15 Prozent Gas einsparen.
Die größten Bauchschmerzen bereitet die Gasversorgung. „Was würde passieren, wenn Sie von der Gasversorgung abgeschnitten werden? Wie lange können Sie durchhalten, wenn die Krise eineinhalb bis zwei Jahre dauert?“, legte Weil den Finger in die Wunde und bekam prompt die Antwort. „Wenn eine Schmelzwanne plötzlich gestoppt wird, entsteht ein Schaden in einer Höhe von 30 bis 50 Millionen Euro“, erklärt Wundke und ergänzt: „Unsere drei Wann laufen außerdem 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, 365 Tage im Jahr.“ Man könne die Schmelzwannen auch langsam herunterfahren und wieder auf Temperatur bringen, ohne dass ein Schaden an der Wanne selbst entstehe, jedoch sei auch dies mit einem wirtschaftlichen Schaden verbunden, denn dieser Prozess dauere Monate.
Die anwesende Führungsspitze des Glasproduzenten bat um Unterstützung und mögliche Förderungen. „Eine ganze Industrie zu zerstören, das darf nicht passieren“, erklärt Weil und forderte Prechtl auf, einen Brief an sein Büro zu schreiben. Abschließend gab es noch eine kurze Führung durch das Werk.
Fotos: lbr