Kaierde (red). Alle energieintensiven Unternehmen stehen angesichts der enormen Preissteigerungen vor großen Herausforderungen – dazu gehört auch die Papier- und Kartonindustrie. Deshalb besuchte Sabine Tippelt (MdL) die Kartonfabrik Kaierde, um sich mit dem Geschäftsführer Stephan Gravenkamp über die Situation vor Ort auszutauschen. „Die Situation ist schwierig“, stellt Gravenkamp direkt zu Beginn des Gesprächs fest. Er verweist auf die Gaspreise, die sich teilweise seit Mitte letzten Jahres mehr als verzehnfacht hätten. „Die Energiemärkte sind aktuell mit vielen Emotionen durchsetzt. Vor allem die Gefahr eines Gaslieferstopps bzw. eines Lieferembargos wäre sowohl für unsere Fabrik als auch weite Teile der erzeugenden Wirtschaft ein enormes Problem, dessen Tragweite kaum abzuschätzen ist“, so Gravenkamp. Die Bundesregierung versucht aktuell, die Abhängigkeit Deutschlands von russischem Gas zu reduzieren. Ein wichtiger Faktor ist hierbei die Nutzung von LNG, einem Flüssiggas. „Der Bau von LNG-Terminals ist wichtig, löst aber nicht alle Probleme“, weiß Sabine Tippelt aus Gesprächen mit zahlreichen Unternehmen im Landkreis. Flüssigerdgas muss aufwendig aufbereitet und transportiert werden und kann nicht von jedem Unternehmen ohne weiteres eingespeist werden.
Die Preise sind nicht nur beim Gas stark gestiegen: Auch die enorm gestiegenen Strompreise machen vor allem mittelständischen Unternehmen wie der Kartonfabrik in Kaierde zu schaffen. „Langfristig kann nur der starke Ausbau der erneuerbaren Energien für bezahlbare Strompreise sorgen. Kurzfristig sollten wir über regulierte Industriestrompreise nachdenken“, entgegnet Sabine Tippelt. Trotz der aktuellen Probleme, zu denen auch Lieferengpässe in allen Beschaffungsbereichen gehören, hat Stephan Gravenkamp auch viele gute Nachrichten: „Seit gut zwei Jahren verspüren wir in der Papier- und Kartonindustrie einen „Anti-Kunststoff-Hype“, welcher zu einer sehr starken Nachfrage nach unseren Produkten für Verpackungszwecke führt. Auch wenn die Digitalisierung weiter voranschreitet – Ohne Papier und Karton bewegt sich in Deutschland nichts“, betont Gravenkamp. Das kann auch wörtlich genommen werden – Die in Kaierde produzierte Vollpappe wird zu großen Teilen zu Verpackungen weiterverarbeitet. Aber auch auf der Rückseite von Collegeblöcken und Kalendern landet der Karton aus Kaierde. „Unsere Produktion basiert auf 100 Prozent Altpapier und trägt damit auch zu einer hohen Nachhaltigkeit bei“, betont Gravenkamp. Beim Rohstoff Altpapier sorgten Verunreinigungen und starke Preissteigerungen für zusätzliche Kosten, die an die Kunden weitergegeben werden müssten. Und wie für viele andere Mittelständler stellt der Mangel an Fachkräften auch für die Kartonfabrik in Kaierde ein Problem dar. „Es ist teilweise schwierig, Fachkräfte in unsere Region zu bekommen, aber wir konnten die offenen Stellen in den vergangenen Jahren vollständig besetzen“, erklärt Gravenkamp. Derzeit hat die Kartonfabrik, die seit dem 1. Januar 2022 Teil der Schumacher Packaging Gruppe ist, 61 Mitarbeiter am Standort Kaierde.
Nach einem längeren Gespräch schauten sich Sabine Tippelt und Stephan Gravenkamp gemeinsam den Produktionsprozess an, in dem aus Altpapier durch Aufbereitung mit Wasser Vollpappe wird. „Wir haben in der Vergangenheit viel investiert, möchten die Fabrik aber vor allem in den Bereichen der energetischen Nachhaltigkeit weiter nach vorne bringen“, erklärt Gravenkamp. Dafür setzt die Kartonfabrik unter anderem auf eine Eigenstromerzeugung, mit der man schon jetzt ca. 35 Prozent des Strombedarfs decken könne. Darüber hinaus wird vielfach auf die Zusammenarbeit mit lokalen Firmen gesetzt, beispielsweise recycelt ein Betrieb alte Paletten und verarbeitet sie zu neuen Ladungsträgern für die Kartonfabrik. „Hier macht man sich die richtigen Gedanken und geht die Herausforderungen unserer Zeit an“, erklärte Sabine Tippelt nach dem Besuch und bedankte sich für das gute Gespräch und die interessanten Einblicke. Zudem verwies sie noch auf Fördermöglichkeiten, die insbesondere im kommenden Jahr wieder von mittelständischen Unternehmen in Anspruch genommen werden könnten. „Wir haben energetische und die Nachhaltigkeit fördernde Modernisierungen in dieser Legislaturperiode stark gefördert und werden das in der kommenden auch tun“, so die Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses.
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