Landkreis Holzminden (red/lbr). Auch im Landkreis Holzminden wird es eine Ampel-Koalition geben. SPD, FDP und Grüne haben sich zusammen getan und wollen im Kreistag zusammen an einem Strang ziehen. Die erste Sitzung des Kreistages Holzminden in der neuen Wahlperiode findet am heutigen Montag, 22. November, ab 16 Uhr in der Stadthalle statt. 

Die Fraktionen von SPD, FDP und GRÜNE vereinbaren folgende politische Ziele unter dem Titel "Der Landkreis kann mehr": 
"Unser Ziel ist eine neue, gemeinsame Politik für den Kreis, die auf den Grundsätzen sozialer Gerechtigkeit, ökonomischer und ökologischer Nachhaltigkeit basiert. Dazu soll die Verwaltung modernisiert, digitaler ausgestattet und vor allem die Bildungspolitik vorangebracht werden. Grundlage dafür ist die Sicherung der finanziellen Leistungsfähigkeit des Landkreises. In der Umwelt- und Landwirtschaftspolitik streben wir einen besseren Ausgleich unterschiedlicher Interessen und gemeinsame Anreize für mehr Klima- und Naturschutz an. Der Landkreis Holzminden bleibt weltoffen und verstärkt die Aufnahme und Integration von Menschen unterschiedlicher Herkunft. 

In Bildung investieren 

In der Bildungspolitik brauchen wir endlich Investitionen in gute Bildungsinfrastruktur im Kreis Holzminden, um die Abwanderung in andere Landkreise zu reduzieren. Wir schaffen attraktive, moderne Lernorte durch Gebäudemodernisierung und Neubau. Durch das Scheitern der Elternbefragung für den Standort Stadtoldendorf für eine IGS haben wir bildungspolitisch eine neue Situation. Als Folge daraus müssen die alten Beschlüsse zur OBS Bevern und HRS Eschershausen sowie zur Festlegung von Schulbezirken aufgehoben werden. Viele Eltern haben aber bei der Befragung ihr grundsätzliches Interesse an einer IGS bzw. integrativen Beschulung bekundet. 

Wir wollen daher eine Zusammenführung der OBS Bevern und der OBS Holzminden zu einer neuen gemeinsamen Oberschule mit bestmöglichem integrativem Schulkonzept. Der Standort Bevern wird dann Außenstelle der neuen OBS Holzminden/Bevern. Die Gruppe SPD/FDP/GRÜNE hält am Ziel einer mindestens 4-zügigen IGS im Nordkreis fest. Der Standort der neuen Schule ist in der Stadt Eschershausen. Da die Errichtung einer IGS auf Basis des Beschlusses des vergangenen Kreistages gescheitert ist, wird zunächst eine 4 – zügige OBS errichtet mit dem Ziel, diese später in eine IGS umzuwandeln. Die bauliche Ausgestaltung soll deshalb nach den Erfordernissen einer IGS erfolgen, um die jederzeitige Umwandlung der OBS in eine IGS zu ermöglichen. Dazu muss die OBS Bevern, die OBS Stadtoldendorf und HRS Eschershausen zeitgleich auslaufen. 

In Bodenwerder wird gemäß den Schuluntersuchungen ein Rückbau geprüft, um das Raumangebot an die Schülerzahlen anzupassen und die laufenden Kosten entsprechend zu senken. 

Der beschlossene Neubau der OBS Delligsen im Schulverbund Delligsen-Duingen wird wie geplant weitergeführt. Für den Neubau der Förderschule für geistige Entwicklung wird die Verwaltung beauftragt, in der Stadt Holzminden zeitnah geeignete Standorte vorzuschlagen und die Finanzierung zu klären. Die Standortentscheidung wird bis zum Frühjahr 2022 getroffen. Die Digitalisierung aller Schulen hat oberste Priorität. Die Berufsschule als Garant und Motor für vielfältige Ausbildung auf hohem Niveau wird weiterentwickelt. 

Nach dem Distanzlernen durch die Corona Pandemie halten wir zahlreiche Angebote zur Unterstützung für Schülerinnen und Schüler für erforderlich und zwar über einen vermutlich längeren Zeitraum. Wir werden uns für deren Realisierung insbesondere im Bereich der Schulsozialarbeit stark machen. Die Schulgebäude müssen mit guten raumlufttechnischen Anlagen ausgestattet werden. 

Dem Ausbau und Förderung von Kindertagesstätten und Krippen kommt ein ganz besonderes Gewicht für einen familien- und kinderfreundlichen Landkreis zu. 

Die KVHS als die zentrale Einrichtung des Landkreises für Qualifizierung und außerschulische Bildung muss weiter ausgebaut werden. Sie behält ihre Geschäftsstelle und Unterrichtsräume in der Kreisstadt und sichert so ihre Anbindung an Verwaltung und Einrichtungen ihrer Kooperationspartner (Arbeitsverwaltung, Kreishandwerkerschaft, BBS, HAWK…). Ihre zentrale Stellung und Bedeutung im Landkreis muss dringend erhalten bleiben – Das Lebenslange Lernen für die Menschen zu ermöglichen, ist Bedingung einer guten Zukunft.

Digitalisierung für alle 

Der Breitbandausbau und die Digitalisierung der Verwaltung muss weiter vorangebracht werden, damit unsere Region nicht abgehängt wird und auch viele Behördenkontakte bürgerfreundlich online ermöglicht werden können. Die Kreisverwaltung soll rund um die Uhr digital erreichbar sein und sie sorgt dafür, dass die Menschen diesen Online-Service einfach und unkompliziert nutzen können. Die Kompetenzen der Verwaltung werden noch näher an den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger ausgerichtet. 

Die Glasfaserversorgung muss endlich flächendeckend sein. Damit sichern wir Homeoffice-Möglichkeiten für alle Haushalte. Über das Programm „Digitale Dörfer Niedersachsen - Digitale Infrastruktur für ländliche Räume in (Süd-)Niedersachsen“ wollen wir „Smart Country“ in unserem Landkreis etablieren. Wir werden einen Plan erarbeiten, wie wir intelligente Infrastruktur etablieren und zu bestmöglichem Nutzen der Bürgerinnen, Bürger und Betriebe einsetzen können. 

100 Prozent Klimaschutz 

In der kommunalen Klima- und Umweltpolitik arbeiten wir mit den Betroffenen an zukunftsfähigen Konzepten. Innovativ, lösungsorientiert und visionär setzen wir uns für mehr Klimaschutz, Nachhaltigkeit und gleichwertige Lebensbedingungen im ländlichen Raum ein. Die Einwerbung von Fördermitteln und die Umsetzung konkreter Klimaschutzmaßnahmen werden in der Kreisverwaltung als Querschnittsaufgabe in enger Zusammenarbeit mit dem Landrat gestärkt. Bei allen Kreisgebäuden wird der Bau von Photovoltaik und die energetische Sanierung mit einem klaren Fahr- und Zeitplan umgesetzt. 

Der bereits beschlossene „Masterplans 100% Klimaschutz“ für den Landkreis Holzminden wird jährlich fortgeschrieben und der jeweilige Umsetzungsstand geprüft. Die Arbeit der Klimaschutzagentur wird gestärkt. Um das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen, werden bei allen Um- und Neubauten höchste Effizienzstandards bei allen kreiseigenen Gebäuden umgesetzt. 

Bei der BauSie wird ein Schwerpunkt auf energetische Sanierung und Erneuerbare Energien (Solarenergie, Wärmepumpe gesetzt) bei Wohnungen gesetzt, um Heizkosten zu reduzieren und zum Klimaschutz beizutragen. Auch soll die BauSie stärker in den Sozialen Wohnungsbau und die Belebung von Ortskernen zusammen mit den Kommunen einsteigen. 

Mobilität und Verkehr 

Die Gruppe setzt sich weiter für verbesserte Mobilität auf Straße und Schiene ein. Wir wollen möglichst schnell eine Beendigung der Sperre der B83 zwischen Bodenwerder-Polle und den Bau bzw. Fertigstellung der Ortsumfahrungen Negenborn und Eschershausen. 

Beim ÖPNV wollen wir die Aufnahme Delligsens in das Gebiet des Zweckverbandes Südniedersachsen und die Beibehaltung günstiger Tarife. Wir wollen Sozial-, Senioren-, JugendFreizeit- und Zwei-Wege-Azubi-Ticket beibehalten und günstige Tickets für ein erweitertes Gebiet ausbauen. Insbesondere die Busverbindungen von Eschershausen nach Delligsen und Alfeld sollen für eine bessere Anbindung an die Bahn verbessert werden. Fördermittel des Landes sorgen für die Entlastung von Schülerbeförderungskosten für Auszubildende und Schüler*innen im Sekundarbereich. Das Begegnungsgleis nach Kreiensen muss endlich gebaut werden, der Stundentakt wird ermöglicht. Wir setzen uns für eine Reaktivierung der Schienenstrecke von Bodenwerder nach Emmerthal auch für den Personenverkehr ein und wollen eine Aufnahme in das Landesprogramm. Bürgerbusse und Anrufsammeltaxen werden weiterentwickelt. Qualität und Angebot des Nahverkehrs müssen heutigen Standards entsprechen und laufend angepasst werden. 

Nach dem Vorbild anderer Regionen wollen wir einen konkreten Fahrradverkehrsplan für den Landkreis, wie, wann und wo der Radverkehr verbessert wird. 

Naturschutz und Landwirtschaft

Landwirtschaft und Naturschutz sind keine Gegensätze. Wir wollen Anreize und Förderung durch EU- Bund und Landesmittel für mehr Naturschutz mit den Landwirten etwa für den Erhalt artenreichen Grünlandes, Weideprojekte und den weiteren Ausbau des Ökologischen Landbaus ausschöpfen u.a. durch Fortsetzung der Öko-Modellregion.

Im engen Dialog mit Umwelt- und Landwirtschaftsverbänden wollen wir gemeinsam unsere schöne Natur erhalten und die wirtschaftliche Situation der Landwirte berücksichtigen. Pflegemaßnahmen für den Naturschutz insbesondere durch Landwirte sollen besser honoriert werden und der Naturschutz weiter gestärkt werden. Für die FFH-Gebiete im Landkreis werden konkrete Maßnahmen- und Pflegepläne aufgestellt und gemeinsam mit den Landnutzern umgesetzt. 

Wir beharren darauf, dass endlich EU-Recht umgesetzt und die Versalzung der Weser gestoppt wird. Die Kreisstraße durchs Hooptal zwischen Negenborn und Stadtoldendorf wird dauerhaft grundsätzlich für den motorisierten Verkehr entwidmet und renaturiert. 

Wir wollen verstärkt für nachhaltig erzeugte Lebensmittel aus der Region werben und deren verstärkten Einsatz auch in Mensen von Schulen und Kindergärten. Die Schäfer- und Hütefeste in Amelungsborn werden zur Stärkung der Grünlandwirtschaft und Weidehaltung fortgesetzt. 

Das regionale Raumordnungsprogramm wird insbesondere in Bezug auf die Vorrangflächen Windenergie aktualisiert, um einen Wildwuchs zu vermeiden. Wälder, Landschafts- und Vogelschutzgebiete bleiben Tabuzonen für die Windenergie, aber wir wollen dort wo Windenergieanlagen schonend gebaut werden können, die Vorrangflächen für die Windenergie im Sinne des Klimaschutzes erweitern. Die Gemeinden und Flächenbesitzer sollen an den Einnahmen verstärkt beteiligt werden. 

Tourismus in unserem schönen Landkreis 

Der Landkreis Holzminden als touristisch wertvolle Landschaft in Weserbergland und Solling-Vogler-Region muss weiter mutig voran gehen. Damit verbinden wir: Die Solling-Vogler-Region aktiv voranbringen, den Weserberglandtourismus stärken. Digitales Marketing und die Einbindung unserer lokalen Anbieter sehen wir als wichtige Aufgabe. 

Als starke Regionalmarke sehen wir die “Echt”-Produkte der Solling Vogler Region. Diese ist in der Lage gute Produkte vor Ort zu vermarkten und Nahversorgung auf starke Füße zu stellen. Hier sehen wir großes Weiterentwicklungspotential. Wir werden Radwege ausbauen und wollen den Weserradweg wieder zur Nummer 1 machen. Einkehrmöglichkeiten entlang der Weser und an den Wanderwegen sind zu schaffen, dafür werden wir den LEADER Prozess fortsetzen und nutzen. Den Umbau und die Schaffung moderner Unterkünfte werden wir begleiten und Initiatorinnen und Initiatoren unterstützen. Dabei legen wir ein Augenmerk auf barrierefreien und nachhaltigen Tourismus. 

Kein atomares Bereitstellungslager in Würgassen 

Die Gruppe lehnt das von der noch amtierenden Bundesregierung und der BGZ geplante Bereitstellungslager für schwach- und mittelradioaktiven Müll in unmittelbarer Nähe unserer Kreisgrenze mit aller Entschiedenheit an. Ein solches Lager würde wegen der täglichen hohen Transportlast auf Straßen und Schienen die Lebensqualität in unserem Landkreis auf lange Sicht erheblich beeinträchtigen. Wir fordern den Neustart eines Suchprozesses für solch ein Lager auf Null zu setzen und neu zu starten. Dazu werden wir auch unsere Kontakte zur neuen Bundesregierung nutzen. 

Wirtschaft innovativ aufstellen 

Wir wollen, dass Fördermittel durch den Landkreis von Land, Bund und EU proaktiv eingeworben werden. Über Programme sichern wir, dass etablierte Gewerbe erhalten, Zukunftsneuentwicklungen unterstützt und Generationenwechsel begleitet werden. Wir stehen für die Unterstützung vorhandener Unternehmen sowie auch der Gründerinnen und Gründer durch das Angebot der Wirtschaftsförderung. Gesicherte und unterstützte Betriebe beleben die Ortszentren und Innenstädte. Dabei sind wir an der Seite der Kommunen. Rückbau und Abriss werden gefördert für die Entwicklung von guten Ortszentren. Hierbei werden wir das 100 Millionen Euro Förderpaket zur Quartiersentwicklung nutzen. 

Ehrenamt stärken 

Wir fördern das Ehrenamt als Motor des Gemeinwesens in unserem Landkreis. Wir stärken den Vereinen den Rücken. Die Aktiven der Bereiche Kultur, Sport, Natur, Umwelt, Tierschutz, Soziales, Tafeln uvm. brauchen Unterstützung durch alle kommunalen Ebenen. Bewährte Instrumente, wie z.B. die Ehrenamtskarte werden beibehalten und weiterentwickelt. Die Wiedereinführung der Sporthallennutzungsgebühren lehnen wir ab. Wir tragen Mitverantwortung für das kulturelle Angebot in unserem Landkreis und werden die Vielschichtigkeit der Akteure unterstützen. Die Gedenkstättenarbeit zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit benötigt einen deutlichen Anschub, was wir über eine Landesförderung sicherstellen wollen. 

Feuerwehr, Rettungsdienst, Katastrophenschutz 

Vorsorge ist besser als Nachsorge. Unsere Feuerwehren und Hilfsorganisationen leisten großartige Arbeit und müssen besser unterstützt werden. Angesichts neuer Klimaherausforderungen wie der Zunahme von Starkregen, Hochwasser und Dürren wollen wir eine Weiterentwicklung von Feuerwehr und Katastrophenschutz im Landkreis. Dazu wollen wir mit allen Beteiligten die Katastrophenschutzpläne anpassen und für eine an die neuen Risiken angepasste verbesserte (Schutz-)Ausstattung sorgen. 

Wir brauchen die ehrenamtlichen Einsatzkräfte, deshalb wollen wir uns mit aller Kraft dafür einsetzen, dass mehr Menschen sich in den Feuerwehren vor Ort engagieren, der Nachwuchs sichergestellt wird und die Feuerwehr auch für Frauen und Migrant*innen attraktiver wird. Gleichzeitig sorgen wir mit neuer Ausrüstung und neuen Fahrzeugen dafür, dass die ehrenamtlichen Feuerwehrleute für Ihren Dienst optimal ausgestattet sind. 

Jugend, Gesundheit, Soziales 

Im Bereich des Jugendamtes werden unter Beachtung der Ergebnisse der externen Untersuchung die Organisation und Arbeitsabläufe weiter verbessert und die personelle Situation an den Bedarf angepasst. 
Im Sozialbereich erfolgen keine Kürzungen bei den freiwilligen Ausgaben für Wohlfahrtsverbände, Drogenberatung, Jugendarbeit und Familienberatung. 

Die ärztliche Versorgung muss verbessert und gesichert werden. Das Gesundheitszentrum in Stadtoldendorf wollen wir unter finanzieller Beteiligung des Landkreises zum Schwerpunkt der medizinischen Versorgung im Nordbereich des Landkreises weiterentwickeln. 

Das Frauenhaus wird zügig gebaut und ebenso wie die Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten weiter unterstützt. 

Integration 

Der Landkreis Holzminden ist ein weltoffener Landkreis und steht zu seinem Beitritt zur Seebrücke. Zuwanderung ist eine Chance und Gewinn für den Kreis. Wir wollen die Integration, Betreuung und Angebote für Zugewanderte insbesondere zur Integration in den Arbeitsmarkt verstärken. Das Ausländeramt des Landkreises soll ebenfalls eine stärkere Willkommenskultur entwickeln und die Beratung von Zuwanderern und Geflüchteten verstärken. Der Landkreis muss umgehend federführend mit KVHS, Handwerk, BBS, Agentur für Arbeit ein Integrationskonzept entwickeln und umsetzen. 

Der Migrationsrat soll zusammen mit der Landtagswahl am 09. Oktober 2022 demokratisch gewählt werden und die Möglichkeit für eigene Initiativen gegenüber dem Kreistag haben. 

Abfallwirtschaft 

Wir wollen die Müllgebühren insgesamt stabil halten und die Grundgebühr möglichst senken. Der gelbe Sack wird durch die gelbe Tonne ersetzt.

Finanzen 

Grundlage für die Handlungsfähigkeit des Landkreises ist die finanzielle Leistungsfähigkeit. Es sind ausgeglichene Haushalte anzustreben. Dafür müssen Strukturen angepasst und optimiert werden. Alle freiwilligen Leistungen sollen von der Verwaltung benannt und zur Überprüfung zusammengestellt werden. Mit Land und Bund muss eine gerechtere Lastenverteilung für diejenigen Aufgaben erörtert werden, die der Landkreis nicht selbst beeinflussen kann."

Foto: SPD/FDP/Grüne